Sie gelten als proteinreich und klimafreundliche Alternative zu Nutztier-Fleisch. Dennoch scheuen sich viele Menschen davor, Insekten zu essen – in welcher Form auch immer. In der EU sind vier Insektenarten in Lebensmitteln zugelassen und es kommen immer mehr dazu, die nicht nur auf dem menschlichen Speiseplan landen können.
- Welche Insekten sind in der EU bisher als Lebensmittel zugelassen?
- Müssen insektenhaltige Lebensmittel besonders gekennzeichnet werden?
- Wie nahrhaft sind Insekten, gibt es Gefahren für Allergiker?
- Wie akzeptiert sind Insekten als Nahrungsmittel, welche Vorbehalte gibt es?
- Welche Vorteile ergeben sich aus dieser Nahrungsalternative?
- Leiden Insekten, wenn sie für die Nahrungs- und Futtermittelproduktion gezüchtet und getötet werden?
Welche Insekten sind in der EU bisher als Lebensmittel zugelassen?
In der Europäischen Union gelten Insekten seit 2018 als „neuartige Lebensmittel“. Jedes einzelne Insekten-Produkt muss seitdem einen langen Zulassungsprozess durchlaufen. Bisher hat die Europäische Kommission „neuartige Lebensmittel“ auf Basis von vier Insektenarten zugelassen:
- Wanderheuschrecke
- Mehlwurm
- Getreideschimmelkäfer (seine Larve wird Buffalowurm genannt)
- Hausgrille (Heimchen)
Die EU hat insgesamt sieben Produkte zugelassen, in denen Insekten in unterschiedlichen Verarbeitungsformen enthalten sind. Schon seit 2021 dürfen der gelbe Mehlwurm und die Wanderheuschrecke in der EU verarbeitet werden. Seit Anfang 2023 neu dabei sind die Hausgrillen in Pulverform und die Larven des Getreideschimmelkäfers in gefrorener, pastenartiger, getrockneter oder pulverisierter Form. Im Februar 2025 wurde ein weiteres Mehlwurmprodukt zugelassen: UV-behandeltes Pulver aus Larven des Gelben Mehlwurms.
Die Insekten können etwa in Backwaren wie Brot und Brötchen, Keksen und Backmischungen vorkommen, in Müslis, Pizza, Nudeln, Soßen und Suppen, als Fleisch- und Milchersatz oder in Schokolade.
Müssen insektenhaltige Lebensmittel besonders gekennzeichnet werden?
Ja. Wenn ein Produkt ein Insekt enthält, muss der Artname in der Zutatenliste „ordnungsgemäß“ gekennzeichnet sein – auch seine Form. Grillen-Pulver müsste zum Beispiel als „teilweise entfettetes Pulver aus Acheta domesticus (Hausgrille)“ aufgelistet werden.
Die Verbraucherzentralen schätzen zudem die Gefahr, dass heimlich Insekten in Lebensmitteln untergemischt werden, als sehr gering ein, da Speiseinsekten momentan noch teuer sind.
Wie nahrhaft sind Insekten, gibt es Gefahren für Allergiker?
Die Europäische Agentur für Lebensmittelsicherheit hat den Verzehr wissenschaftlich untersucht und als gesundheitlich unbedenklich eingestuft. Allerdings können laut der EFSA möglicherweise Allergien auftreten. Das betrifft besonders Menschen mit bestehenden Allergien gegen Krebstiere oder Hausstaubmilben. Entsprechende Hinweise auf den Produkten sind daher ebenfalls Pflicht.
Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) kommt in ihren Studien zum Ergebnis, dass Insekten eine sehr nahrhafte und gesunde Nahrungsquelle mit einem hohen Gehalt an Fett, Eiweiß, Vitaminen, Ballaststoffen und Mineralien sind. Insekten seien eine alternative Proteinquelle, die den Übergang zu einer gesunden und nachhaltigen Ernährung bieten könnten.
Wie akzeptiert sind Insekten als Nahrungsmittel, welche Vorbehalte gibt es?
In vielen Teilen der Welt werden Insekten regelmäßig gegessen, in der EU sind sie als Lebensmittel noch ein Nischenmarkt, auch wenn ganze Insekten in der EU auch ohne die Regeln für neuartige Lebensmittel schon seit Längerem verkauft werden. Die aktuelle Verordnung sieht dafür eine Übergangsregel vor. Daher sind einige Insekten im Ganzen schon auf dem Markt, während die wissenschaftliche Überprüfung noch andauert.
Viele Menschen in Europa ekeln sich vor Insekten oder haben Angst davor. Einige fürchten sich zudem, unwissentlich ein Insekt zu essen, weil die Kennzeichnung nicht deutlich genug ist. Ernährungsgewohnheiten unterscheiden sich nach Kulturkreisen und sind dynamisch, erklärte Soziologe Fritz Reusswig vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung im Dlf.
So seien die Vorbehalte gegen Algen vor einigen Jahren viel höher gewesen als heute. Und Insekten seien früher auch in Europa gegessen worden. „Ekel vor Nahrungsmitteln ist eigentlich keine natürliche Eigenschaft von uns Menschen. Kinder bis zu zwei Jahren ekeln sich eigentlich vor gar nichts und werden dann von uns in jeweilige Kulturen reinsozialisiert.“
Welche Vorteile ergeben sich aus dieser Nahrungsalternative?
Laut einer Analyse des Umweltbundesamts aus dem Jahr 2020 erfordert die Nahrung aus kontrolliert aufgezogenen Insekten im Vergleich zu Nutztierfleisch weniger Treibhausgase, weniger Wasser und Flächenverbrauch sowie weniger Lebensmittelabfälle – diese können nämlich wiederum als Insektenfutter verwendet werden.
Wenn man die Insektenzucht jedoch mit der Produktion von pflanzlichen Fleischalternativen vergleicht, schneidet sie nicht mehr so gut ab: Sogar bei einer besonders umweltverträglichen Insektenzuchtanlage fällt die Ökobilanz dann schlechter aus.
Ob Insekten als Lebensmittel die gesamte Ernährungs-Ökobilanz positiv beeinflussen, hängt daher davon ab, ob sie anstelle oder zusätzlich zu herkömmlichen Fleischprodukten konsumiert werden: Weiter wie eh und je Wurst und Schnitzel zu essen und zusätzlich noch Nudeln und Kekse, denen Insektenmehl beigemischt wurde, bringt keine Verbesserung. „Der Punkt ist, das muss letztendlich das Fleisch auf dem Teller zumindest zum Teil ersetzen“, betont Anne Klatt vom Umweltbundesamt. „Sonst kann die Umweltlast der Ernährung unterm Strich sogar mehr werden.“
Auch als Futtermittelalternative kommen Insekten infrage. Viele Unternehmen, die Insekten verarbeiten, habe sich sogar auf den offenbar deutlich lukrativeren Tierfuttermarkt spezialisiert. In den vergangenen Jahren sind in ganz Europa riesige Insektenfarmen entstanden, teilweise mit hoher staatlicher Förderung. Die meisten davon züchten die Schwarze Soldatenfliege und machen aus ihr proteinreiches Fisch-, Hühner- oder Schweinefutter.
Leiden Insekten, wenn sie für die Nahrungs- und Futtermittelproduktion gezüchtet und getötet werden?
Darauf gibt es noch keine eindeutige Antwort. Allerdings hat sich das Bild, das die Wissenschaft von Insekten hat, gewandelt: Lars Chittka, Professor für Verhaltensökologie an der Queen Mary University in London, lernte etwa als Student noch, dass die Tiere so etwas wie Roboter seien. Heute fordert er gemeinsam mit vielen anderen Fachleuten, dass wir unseren Umgang mit Insekten ändern: Denn Studien weisen darauf hin, dass sie womöglich eine Art Bewusstsein haben und Schmerzen empfinden können.
Man weiß beispielsweise, dass Insekten über sogenannte Nozizeptoren verfügen: Sinneszellen, die auf schädliche Reize reagieren. Das bedeutet, dass bei ihnen die körperlichen Voraussetzungen bestehen, um so etwas wie Schmerzen zu fühlen.
Wenn man diese Möglichkeit ernst nimmt, kann man daraus etwa die Verantwortung ableiten, das Leid der Tiere in der Insektenzucht zu minimieren. Der Punkt, an dem man die größte Verbesserung erreichen könnte, ist laut Lars Chittka das Schlachten der Tiere: Bislang werden Fliegenmaden und Grillen gekocht, mit Mikrowellen erhitzt, geschreddert, in Öfen ausgetrocknet, oder Züchter lassen sie verhungern. „Wenn diese Tiere Schmerzen empfinden, dann ist Kochen keine schöne Methode, um zu sterben“, sagt der Verhaltensökologe.
Quellen: Kathrin Kühn, Europäische Kommission, Verbraucherzentrale, og, jfr
Sie gelten als proteinreich und klimafreundliche Alternative zu Nutztier-Fleisch. Dennoch scheuen sich viele Menschen davor, Insekten zu essen – in welcher Form auch immer. In der EU sind vier Insektenarten in Lebensmitteln zugelassen und es kommen immer mehr dazu, die nicht nur auf dem menschlichen Speiseplan landen können.
- Welche Insekten sind in der EU bisher als Lebensmittel zugelassen?
- Müssen insektenhaltige Lebensmittel besonders gekennzeichnet werden?
- Wie nahrhaft sind Insekten, gibt es Gefahren für Allergiker?
- Wie akzeptiert sind Insekten als Nahrungsmittel, welche Vorbehalte gibt es?
- Welche Vorteile ergeben sich aus dieser Nahrungsalternative?
- Leiden Insekten, wenn sie für die Nahrungs- und Futtermittelproduktion gezüchtet und getötet werden?
Welche Insekten sind in der EU bisher als Lebensmittel zugelassen?
In der Europäischen Union gelten Insekten seit 2018 als „neuartige Lebensmittel“. Jedes einzelne Insekten-Produkt muss seitdem einen langen Zulassungsprozess durchlaufen. Bisher hat die Europäische Kommission „neuartige Lebensmittel“ auf Basis von vier Insektenarten zugelassen:
- Wanderheuschrecke
- Mehlwurm
- Getreideschimmelkäfer (seine Larve wird Buffalowurm genannt)
- Hausgrille (Heimchen)
Die EU hat insgesamt sieben Produkte zugelassen, in denen Insekten in unterschiedlichen Verarbeitungsformen enthalten sind. Schon seit 2021 dürfen der gelbe Mehlwurm und die Wanderheuschrecke in der EU verarbeitet werden. Seit Anfang 2023 neu dabei sind die Hausgrillen in Pulverform und die Larven des Getreideschimmelkäfers in gefrorener, pastenartiger, getrockneter oder pulverisierter Form. Im Februar 2025 wurde ein weiteres Mehlwurmprodukt zugelassen: UV-behandeltes Pulver aus Larven des Gelben Mehlwurms.
Die Insekten können etwa in Backwaren wie Brot und Brötchen, Keksen und Backmischungen vorkommen, in Müslis, Pizza, Nudeln, Soßen und Suppen, als Fleisch- und Milchersatz oder in Schokolade.
Müssen insektenhaltige Lebensmittel besonders gekennzeichnet werden?
Ja. Wenn ein Produkt ein Insekt enthält, muss der Artname in der Zutatenliste „ordnungsgemäß“ gekennzeichnet sein – auch seine Form. Grillen-Pulver müsste zum Beispiel als „teilweise entfettetes Pulver aus Acheta domesticus (Hausgrille)“ aufgelistet werden.
Die Verbraucherzentralen schätzen zudem die Gefahr, dass heimlich Insekten in Lebensmitteln untergemischt werden, als sehr gering ein, da Speiseinsekten momentan noch teuer sind.
Wie nahrhaft sind Insekten, gibt es Gefahren für Allergiker?
Die Europäische Agentur für Lebensmittelsicherheit hat den Verzehr wissenschaftlich untersucht und als gesundheitlich unbedenklich eingestuft. Allerdings können laut der EFSA möglicherweise Allergien auftreten. Das betrifft besonders Menschen mit bestehenden Allergien gegen Krebstiere oder Hausstaubmilben. Entsprechende Hinweise auf den Produkten sind daher ebenfalls Pflicht.
Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) kommt in ihren Studien zum Ergebnis, dass Insekten eine sehr nahrhafte und gesunde Nahrungsquelle mit einem hohen Gehalt an Fett, Eiweiß, Vitaminen, Ballaststoffen und Mineralien sind. Insekten seien eine alternative Proteinquelle, die den Übergang zu einer gesunden und nachhaltigen Ernährung bieten könnten.
Wie akzeptiert sind Insekten als Nahrungsmittel, welche Vorbehalte gibt es?
In vielen Teilen der Welt werden Insekten regelmäßig gegessen, in der EU sind sie als Lebensmittel noch ein Nischenmarkt, auch wenn ganze Insekten in der EU auch ohne die Regeln für neuartige Lebensmittel schon seit Längerem verkauft werden. Die aktuelle Verordnung sieht dafür eine Übergangsregel vor. Daher sind einige Insekten im Ganzen schon auf dem Markt, während die wissenschaftliche Überprüfung noch andauert.
Viele Menschen in Europa ekeln sich vor Insekten oder haben Angst davor. Einige fürchten sich zudem, unwissentlich ein Insekt zu essen, weil die Kennzeichnung nicht deutlich genug ist. Ernährungsgewohnheiten unterscheiden sich nach Kulturkreisen und sind dynamisch, erklärte Soziologe Fritz Reusswig vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung im Dlf.
So seien die Vorbehalte gegen Algen vor einigen Jahren viel höher gewesen als heute. Und Insekten seien früher auch in Europa gegessen worden. „Ekel vor Nahrungsmitteln ist eigentlich keine natürliche Eigenschaft von uns Menschen. Kinder bis zu zwei Jahren ekeln sich eigentlich vor gar nichts und werden dann von uns in jeweilige Kulturen reinsozialisiert.“
Welche Vorteile ergeben sich aus dieser Nahrungsalternative?
Laut einer Analyse des Umweltbundesamts aus dem Jahr 2020 erfordert die Nahrung aus kontrolliert aufgezogenen Insekten im Vergleich zu Nutztierfleisch weniger Treibhausgase, weniger Wasser und Flächenverbrauch sowie weniger Lebensmittelabfälle – diese können nämlich wiederum als Insektenfutter verwendet werden.
Wenn man die Insektenzucht jedoch mit der Produktion von pflanzlichen Fleischalternativen vergleicht, schneidet sie nicht mehr so gut ab: Sogar bei einer besonders umweltverträglichen Insektenzuchtanlage fällt die Ökobilanz dann schlechter aus.
Ob Insekten als Lebensmittel die gesamte Ernährungs-Ökobilanz positiv beeinflussen, hängt daher davon ab, ob sie anstelle oder zusätzlich zu herkömmlichen Fleischprodukten konsumiert werden: Weiter wie eh und je Wurst und Schnitzel zu essen und zusätzlich noch Nudeln und Kekse, denen Insektenmehl beigemischt wurde, bringt keine Verbesserung. „Der Punkt ist, das muss letztendlich das Fleisch auf dem Teller zumindest zum Teil ersetzen“, betont Anne Klatt vom Umweltbundesamt. „Sonst kann die Umweltlast der Ernährung unterm Strich sogar mehr werden.“
Auch als Futtermittelalternative kommen Insekten infrage. Viele Unternehmen, die Insekten verarbeiten, habe sich sogar auf den offenbar deutlich lukrativeren Tierfuttermarkt spezialisiert. In den vergangenen Jahren sind in ganz Europa riesige Insektenfarmen entstanden, teilweise mit hoher staatlicher Förderung. Die meisten davon züchten die Schwarze Soldatenfliege und machen aus ihr proteinreiches Fisch-, Hühner- oder Schweinefutter.
Leiden Insekten, wenn sie für die Nahrungs- und Futtermittelproduktion gezüchtet und getötet werden?
Darauf gibt es noch keine eindeutige Antwort. Allerdings hat sich das Bild, das die Wissenschaft von Insekten hat, gewandelt: Lars Chittka, Professor für Verhaltensökologie an der Queen Mary University in London, lernte etwa als Student noch, dass die Tiere so etwas wie Roboter seien. Heute fordert er gemeinsam mit vielen anderen Fachleuten, dass wir unseren Umgang mit Insekten ändern: Denn Studien weisen darauf hin, dass sie womöglich eine Art Bewusstsein haben und Schmerzen empfinden können.
Man weiß beispielsweise, dass Insekten über sogenannte Nozizeptoren verfügen: Sinneszellen, die auf schädliche Reize reagieren. Das bedeutet, dass bei ihnen die körperlichen Voraussetzungen bestehen, um so etwas wie Schmerzen zu fühlen.
Wenn man diese Möglichkeit ernst nimmt, kann man daraus etwa die Verantwortung ableiten, das Leid der Tiere in der Insektenzucht zu minimieren. Der Punkt, an dem man die größte Verbesserung erreichen könnte, ist laut Lars Chittka das Schlachten der Tiere: Bislang werden Fliegenmaden und Grillen gekocht, mit Mikrowellen erhitzt, geschreddert, in Öfen ausgetrocknet, oder Züchter lassen sie verhungern. „Wenn diese Tiere Schmerzen empfinden, dann ist Kochen keine schöne Methode, um zu sterben“, sagt der Verhaltensökologe.
Quellen: Kathrin Kühn, Europäische Kommission, Verbraucherzentrale, og, jfr