Bundesverfassungsgericht SPD schlägt Sigrid Emmenegger als Kandidatin vor
Stand: 10.09.2025 19:59 Uhr
Nach dem Rückzug von Brosius-Gersdorf hat die SPD-Fraktion eine neue Kandidatin für das Bundesverfassungsgericht vorgeschlagen: die bisherige Verwaltungsrichterin Emmenegger. Die Union äußerte sich positiv.
Die Juristin Sigrid Emmenegger ist die neue Kandidatin der SPD für die Wahl als Richterin am Bundesverfassungsgericht. Das geht aus einem gemeinsamen Brief der parlamentarischen Geschäftsführer von Union und SPD an die Fraktionen hervor, der dem ARD-Hauptstadtstudio vorliegt.
Die SPD hatte Emmenegger als Ersatz für Frauke Brosius-Gersdorf vorgeschlagen, für die es vor der Sommerpause keine Mehrheit in der Unions-Fraktion gegeben hatte.
„Positiver Eindruck“ auch bei der CSU
„Die Fraktionsführungen haben jeweils in persönlichen Gesprächen ein sehr positives Bild von Frau Dr. Emmenegger gewinnen können und sind von ihrer persönlichen und fachlichen Geeignetheit für das Amt überzeugt“, schreiben der erste parlamentarische Geschäftsführer der Union, Steffen Bilger, und sein SPD-Amtskollege Dirk Wiese.
Auch CSU-Landesgruppenchef Alexander Hoffmann berichtete von einem „positiven Eindruck“, den er von Emmenegger gewonnen habe. „Es handelt sich um eine Kandidatin, die über das erforderliche Maß an Zurückhaltung verfügt, was öffentliche Auftritte angeht. Das war ein Punkt, der viele meiner Kolleginnen und Kollegen in der Vergangenheit beschäftigt hatte“, sagte Hoffmann dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).
Emmenegger mache auch nicht den Eindruck, „dass sie Kernpositionen der Union politisch infrage stellt oder eine gefestigte Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts völlig auf den Kopf stellen möchte“. Hoffmann betonte: „Wir werden die Personalie in der Unionsfraktion besprechen. Ich gehe davon aus, dass die Zustimmung vorhanden ist.“ Das dürfte darauf hindeuten, dass die Union die SPD-Kandidatin dieses Mal mitträgt.
Wahl im Plenum im September
Emmenegger, am 4. Oktober 1976 in Freiburg geboren, ist seit 2021 Richterin am Bundesverwaltungsgericht Leipzig. Zuvor war die Juristin Richterin am Verwaltungsgericht Mainz, am Oberverwaltungsgericht Koblenz sowie Vizepräsidentin am Verwaltungsgericht Koblenz.
Sie soll noch im September vom Wahlausschuss des Bundestags offiziell aufgestellt und im Plenum zur Wahl gestellt werden.
Geplatzte Wahl löst Krise in der Koalition aus
Damit unternehmen die Koalitionsfraktionen einen zweiten Anlauf für die Wahl von drei Richterinnen und Richtern: Vor der Sommerpause hatte die schwarz-rote Koalition die Abstimmung über drei Richterposten verschieben müssen, weil die CDU/CSU-Fraktion in Teilen Frauke Brosius-Gersdorf nicht mehr wählen wollte. Brosius-Gersdorf verzichtete nach einer mehrwöchigen öffentlichen Debatte schließlich auf ihre Kandidatur.
Der Vorgang hatte eine Krise in der noch jungen Koalition ausgelöst, weil die Unionsspitze ihre Zusage für Brosius-Gersdorf erst am Tag der angesetzten Wahl zurückgenommen hatte. In der SPD wird es zudem als Fehler von Kanzler Friedrich Merz bezeichnet, dass dieser die geheime Wahl eine „Gewissensfrage“ genannt hatte. Dies könne künftige Abstimmungen erschweren.
Koalition muss Gespräche mit Grünen und Linkspartei führen
Die Richterinnen und Richter müssen mit einer Zweidrittelmehrheit vom Parlament geheim gewählt werden. Das setzt voraus, dass die Koalition auch Gespräche mit den Grünen und der Linkspartei führt.
In einer ersten Reaktion äußerten sich die beiden Parteien zurückhaltend: Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann sagte dem Magazin Stern: „Auch uns hat ein Name für eine vorzuschlagende Person erreicht, wir werden uns jetzt zeitnah dazu austauschen. Dass man nicht auf unsere Rückmeldung wartet, ist reichlich unprofessionell angesichts der Vorgeschichte.“
Die Linke-Innenexpertin Clara Bünger bemängelte im „Tagesspiegel“: „Die Koalition ist offenbar nicht diszipliniert genug, im Raum stehende Namensvorschläge bis zur Klärung aller Fragen unter Verschluss zu halten.“ Sie mahnte die Union, „nicht eine weitere Kandidatin aufgrund unseriöser Vorgehensweise zu beschädigen“. In der „Rheinischen Post“ rief Bünger die Koalition auf, jetzt so schnell wie möglich mit der Linken-Fraktion das Gespräch zu suchen, „um für demokratische Mehrheiten zu sorgen und weiteres Chaos zu verhindern“.
Die AfD hält sich eine Unterstützung Emmeneggers offen. Parteivize Stephan Brandner sagte der „Rheinischen Post“: „Wir werden die neue Kandidatin und deren Positionen sorgfältig prüfen und uns danach ein Urteil bilden. Und selbstverständlich gehen wir davon aus, dass sich Frau Emmenegger auch unserer Fraktion vorstellen wird, wenn sie dies bei anderen so handhabt.“