Belgien: Knokke – Surfen, Kunst und Kulinarik

Belgien Knokke – Surfen, Kunst und Kulinarik

Knokke-Heist, die östlichste Gemeinde an der nur knapp 70 Kilometer langen Nordseeküste Belgiens, wird aufgrund seiner Historie rund um das Art-Deco-Casino gern als mondänster Badeort des Landes bezeichnet. Der Ort hat auch jenseits des Hochsommers mancherlei zu bieten und seinen ganz eigenen Charme.

Das Kult-Wassersportzentrum Surfer‘s Paradise in Zoute, dem Villenviertel von Knokke, bietet Kurse für Anfänger und Fortgeschrittene an.

Foto: Udo Haafke

Knokke-Heist, die östlichste Gemeinde an der nur knapp 70 Kilometer langen Nordseeküste Belgiens, wird aufgrund seiner Historie rund um das Art-Deco-Casino gern als mondänster Badeort des Landes bezeichnet, hat auch jenseits des Hochsommers mancherlei zu bieten und seinen ganz eigenen Charme.

„Die Wellen sind heute leider nicht kräftig genug.“ Surf­lehrer Adrian, gestählter, von der Sonne verwöhnter Körper und Rasta-Locken, zuckt bedauernd mit den Schultern. Sein Blick schweift über den breiten Sandstrand hinaus auf die Nordsee, die sich mit wirklich kaum erkennbarer Brandung und nur zarten Schaumkronen der Küste geradezu sanftmütig nähert. „Da bleibt uns nichts anderes übrig als Trockenübungen!“ Sein kleines Anfängergrüppchen, das sich zuvor mühsam bis ungelenk ins Neopren gezwängt hat, darf nun, erst auf einer Matte liegend, sodann auf einem übel schwankenden, auf dicken Stahlfedern gelagertem Brett die Grundbewegungen des Wellenreitens unter Adrians fachkundiger Anleitung ausprobieren. Nass wird man dabei natürlich nicht, schwitzt eher unter der warmen Septembersonne, und darf dann alternativ zumindest Stand-up-Paddeln. Das soeben Gelernte kann dann doch, mehr oder weniger erfolgreich, auf dem Wasser umgesetzt werden.

Das „Surfer‘s Paradise“ am Strand von Knokke-Heist zwischen den letzten Häusern des belgischen Seebades und dem Naturschutzgebiet Zwin unmittelbar an der Grenze zum niederländischen Zeeland blickt auf eine lange Tradition zurück, die ihr Eigentümer vor knapp 50 Jahren begründete. Frank Vanleenhove war der erste Surfer Belgiens, machte diesen aus südlicheren Gefilden bekannten Wassersport im Land salonfähig und wurde zu einer echten Surfikone. Mit 14 Jahren gab er schon Kurse, errang in der Folgezeit in seinem Sport reihenweise Titel und begehrte Auszeichnungen, und wurde auch bis heute nicht müde durch die Welt zu reisen und an den bedeutendsten internationalen Surfspots die Wellen zu bändigen. Was einst in einem der kleinen weißen, so typischen und an der Küste überaus zahlreichen Badehäuser begann, expandierte zum heutigen Clubhaus mit Beach Bar-Ambiente und kleinem Leuchtturm. Nicht ohne Stolz referiert Frank über seine vielen, teilweise skurrilen, mithin ungewöhnlichen Mitbringsel aus der ganzen Welt, die das Innere des Clubhauses dekorieren. Während draußen ein von den Musikern signiertes Plakat eines Konzerts der Beach Boys vom Juli 1987 hängt, findet sich neben der Bar etwas ganz Besonderes: eine Originalzeichnung im schlichten Holzrahmen des legendären Pop-Art-Künstlers Keith Haring und eine an den prominenten Surfer Frank gerichtete Widmung, die ihm die freie Nutzung des Motivs zusichert. Da Haring aber im Jahr darauf im Alter von nur 32 Jahren verstarb, verzichtete Frank auf jegliche kommerzielle Verwendung und ehrt damit das Andenken seines Freundes.

Kunst spielt in Knokke-Heist eine überaus gewichtige Rolle. Entlang der architektonisch eher gewöhnungsbedürftigen Phalanx an mehrgeschossigen Wohn- und Apartmenthäusern auf der Küstenpromenade, dem „Zeedijk“ tummeln sich etliche ungewöhnliche Werke. Ebenso am Strand und teils sogar im Wasser. Es gibt neben einigen speziellen Bauwerken wie der halbrunden Restaurantkuppel am schwarz-weiß gepflasterten Albertplein gleich mehrere Dutzend Galerien und Ausstellungen, die fast die gesamte künstlerisch denkbare Bandbreite umfassen. Eine Ausnahmestellung nimmt dabei die Pareit.Gallery Zoute ein. Ein großes, breites gläsernes Portal führt hinein in die nüchterne Tiefe des Gebäudes, das eher den Charakter eines renommierten Kunstmuseums widerspiegelt, denn einer der ansonsten üblichen Verkaufsausstellungen. Gleich mehrere belgische wie internationale Künstler vertreten die jungen Galerie-Eigner, die spannende Konzepte verfolgen, wie das zeitweise Leasing von Bildern, virtuelle mehrsprachige Darstellungen auf großen Bildschirmen oder die vermeintlich schlichte, mithin mehr als überzeugende Präsentation der Werke durch große, natürlich wirkende Lichtflächen.

Über sehr viel weniger Platz verfügt der Chocolatier und Patissier Oliver Van Nueten in der Lippenslaan im Zentrum Knokkes. Eher zufällig entdeckte er als Jugendlicher seine Liebe zu Kakao und Schokolade und deren Verarbeitung, die sich schnell zu einer wahren Passion entwickelte. Ein Kamel aus Kunstrasen ziert den schmalen Eingang seines Ladens. Hinter dem kleinen Verkaufstresen liegt der nicht viel größer dimensionierte Arbeitsplatz, über dem sich ein verführerischer Duft ausbreitet. Just hier finden Schokoladenworkshops statt, die Oliver für Interessierte eloquent und überzeugend durchführt. Als Gewinner internationaler Wettbewerbe mit seinen gerade einmal 27 Jahren schon weithin bekannt, gilt er zudem als einer der wenigen seiner Zunft in Europa, die aus Schokolade wahre Kunstwerke zu schaffen vermögen. Der Begriff „Schoko-Bildhauer“ trifft auf den künstlerischen Autodidakten nur unzureichend zu angesichts seiner filigranen Werke und seiner Fähigkeit, unterschiedliche Dinge auch im Auftrag zu modellieren. Das ist Kunst und muss nicht weg, sondern kann vernascht werden.

Die Recherche wurde durch das Fremdenverkehrsbüro ­Knokke-Heist unterstützt.

Related posts

Belgien Knokke – Surfen, Kunst und Kulinarik

Knokke-Heist, die östlichste Gemeinde an der nur knapp 70 Kilometer langen Nordseeküste Belgiens, wird aufgrund seiner Historie rund um das Art-Deco-Casino gern als mondänster Badeort des Landes bezeichnet. Der Ort hat auch jenseits des Hochsommers mancherlei zu bieten und seinen ganz eigenen Charme.

Das Kult-Wassersportzentrum Surfer‘s Paradise in Zoute, dem Villenviertel von Knokke, bietet Kurse für Anfänger und Fortgeschrittene an.

Foto: Udo Haafke

Knokke-Heist, die östlichste Gemeinde an der nur knapp 70 Kilometer langen Nordseeküste Belgiens, wird aufgrund seiner Historie rund um das Art-Deco-Casino gern als mondänster Badeort des Landes bezeichnet, hat auch jenseits des Hochsommers mancherlei zu bieten und seinen ganz eigenen Charme.

„Die Wellen sind heute leider nicht kräftig genug.“ Surf­lehrer Adrian, gestählter, von der Sonne verwöhnter Körper und Rasta-Locken, zuckt bedauernd mit den Schultern. Sein Blick schweift über den breiten Sandstrand hinaus auf die Nordsee, die sich mit wirklich kaum erkennbarer Brandung und nur zarten Schaumkronen der Küste geradezu sanftmütig nähert. „Da bleibt uns nichts anderes übrig als Trockenübungen!“ Sein kleines Anfängergrüppchen, das sich zuvor mühsam bis ungelenk ins Neopren gezwängt hat, darf nun, erst auf einer Matte liegend, sodann auf einem übel schwankenden, auf dicken Stahlfedern gelagertem Brett die Grundbewegungen des Wellenreitens unter Adrians fachkundiger Anleitung ausprobieren. Nass wird man dabei natürlich nicht, schwitzt eher unter der warmen Septembersonne, und darf dann alternativ zumindest Stand-up-Paddeln. Das soeben Gelernte kann dann doch, mehr oder weniger erfolgreich, auf dem Wasser umgesetzt werden.

Das „Surfer‘s Paradise“ am Strand von Knokke-Heist zwischen den letzten Häusern des belgischen Seebades und dem Naturschutzgebiet Zwin unmittelbar an der Grenze zum niederländischen Zeeland blickt auf eine lange Tradition zurück, die ihr Eigentümer vor knapp 50 Jahren begründete. Frank Vanleenhove war der erste Surfer Belgiens, machte diesen aus südlicheren Gefilden bekannten Wassersport im Land salonfähig und wurde zu einer echten Surfikone. Mit 14 Jahren gab er schon Kurse, errang in der Folgezeit in seinem Sport reihenweise Titel und begehrte Auszeichnungen, und wurde auch bis heute nicht müde durch die Welt zu reisen und an den bedeutendsten internationalen Surfspots die Wellen zu bändigen. Was einst in einem der kleinen weißen, so typischen und an der Küste überaus zahlreichen Badehäuser begann, expandierte zum heutigen Clubhaus mit Beach Bar-Ambiente und kleinem Leuchtturm. Nicht ohne Stolz referiert Frank über seine vielen, teilweise skurrilen, mithin ungewöhnlichen Mitbringsel aus der ganzen Welt, die das Innere des Clubhauses dekorieren. Während draußen ein von den Musikern signiertes Plakat eines Konzerts der Beach Boys vom Juli 1987 hängt, findet sich neben der Bar etwas ganz Besonderes: eine Originalzeichnung im schlichten Holzrahmen des legendären Pop-Art-Künstlers Keith Haring und eine an den prominenten Surfer Frank gerichtete Widmung, die ihm die freie Nutzung des Motivs zusichert. Da Haring aber im Jahr darauf im Alter von nur 32 Jahren verstarb, verzichtete Frank auf jegliche kommerzielle Verwendung und ehrt damit das Andenken seines Freundes.

Kunst spielt in Knokke-Heist eine überaus gewichtige Rolle. Entlang der architektonisch eher gewöhnungsbedürftigen Phalanx an mehrgeschossigen Wohn- und Apartmenthäusern auf der Küstenpromenade, dem „Zeedijk“ tummeln sich etliche ungewöhnliche Werke. Ebenso am Strand und teils sogar im Wasser. Es gibt neben einigen speziellen Bauwerken wie der halbrunden Restaurantkuppel am schwarz-weiß gepflasterten Albertplein gleich mehrere Dutzend Galerien und Ausstellungen, die fast die gesamte künstlerisch denkbare Bandbreite umfassen. Eine Ausnahmestellung nimmt dabei die Pareit.Gallery Zoute ein. Ein großes, breites gläsernes Portal führt hinein in die nüchterne Tiefe des Gebäudes, das eher den Charakter eines renommierten Kunstmuseums widerspiegelt, denn einer der ansonsten üblichen Verkaufsausstellungen. Gleich mehrere belgische wie internationale Künstler vertreten die jungen Galerie-Eigner, die spannende Konzepte verfolgen, wie das zeitweise Leasing von Bildern, virtuelle mehrsprachige Darstellungen auf großen Bildschirmen oder die vermeintlich schlichte, mithin mehr als überzeugende Präsentation der Werke durch große, natürlich wirkende Lichtflächen.

Über sehr viel weniger Platz verfügt der Chocolatier und Patissier Oliver Van Nueten in der Lippenslaan im Zentrum Knokkes. Eher zufällig entdeckte er als Jugendlicher seine Liebe zu Kakao und Schokolade und deren Verarbeitung, die sich schnell zu einer wahren Passion entwickelte. Ein Kamel aus Kunstrasen ziert den schmalen Eingang seines Ladens. Hinter dem kleinen Verkaufstresen liegt der nicht viel größer dimensionierte Arbeitsplatz, über dem sich ein verführerischer Duft ausbreitet. Just hier finden Schokoladenworkshops statt, die Oliver für Interessierte eloquent und überzeugend durchführt. Als Gewinner internationaler Wettbewerbe mit seinen gerade einmal 27 Jahren schon weithin bekannt, gilt er zudem als einer der wenigen seiner Zunft in Europa, die aus Schokolade wahre Kunstwerke zu schaffen vermögen. Der Begriff „Schoko-Bildhauer“ trifft auf den künstlerischen Autodidakten nur unzureichend zu angesichts seiner filigranen Werke und seiner Fähigkeit, unterschiedliche Dinge auch im Auftrag zu modellieren. Das ist Kunst und muss nicht weg, sondern kann vernascht werden.

Die Recherche wurde durch das Fremdenverkehrsbüro ­Knokke-Heist unterstützt.

Next Post

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

RECOMMENDED NEWS

BROWSE BY CATEGORIES

Welcome Back!

Login to your account below

Create New Account!

Fill the forms below to register

Retrieve your password

Please enter your username or email address to reset your password.