Kanada Bei den Métis und ihren weißen Bisons
Lange litten die Nachfahren europäischer Pelzhändler und indigener Frauen in Kanada unter diskriminierenden Verhältnissen. Dies betraf auch deutsche Siedler, die sich mit ihren indigenen Frauen in Alberta niederließen. Jetzt gibt es viele Initiativen, ihre Kultur, Traditionen, Sprache und traditionelle Küche wiederzubeleben.
Die Fairmont Jasper Park Lodge ist ein idealer Ausgangspunkt für die Erkundung der umgebenden Naturschönheiten.
Foto: Michael Juhran
Métis Crossing, rund 110 Kilometer nordöstlich von Edmonton, ist ein Ort der Hoffnung und der Zuversicht. Ein Ort, an dem die Métis ihre gesellschaftlichen und familiären Bande neu knüpfen, sich ihrer Kultur und traditionellen Lebensweise annehmen. Seit den ersten Einwanderungen aufgrund ihres gemischten Blutes weder von den First Nations noch von den ins Land strömenden britischen Siedlern als gleichberechtigt akzeptiert, mussten sie viele Jahre um ihre Rechte kämpfen. Etwa 20 Prozent der Einwohner Albertas berufen sich heute auf deutsche Vorfahren und so trifft man auch bei den Métis vielerorts auf deutsche Familiennamen.
Lilyrose Meyers gehört zu den Pionieren, die seit 2005 im Kultur- und Gemeindezentrum Métis Crossing das Erbe ihrer Vorfahren aufarbeiten. Die Nachfahrin einer Cree-Frau und eines Einwanderers aus Hamburg gibt hier Kurse in der Muttersprache, lässt traditionelles Kunsthandwerk wiederaufleben und manchmal führt sie auch Besucher aus Europa durch die Blockhäuser ihrer Vorfahren am Ufer des Nord Saskatchewan Flusses. Sie hat die Zeiten der „Residential Schools“ noch aktiv miterlebt, als die Kinder der Indigenen und der Métis von ihren Eltern getrennt und ihrer familiären Bande beraubt in Internate gesteckt wurden. Immer wieder hält sie inne und kämpft mit den Tränen, wenn sie über die Entfremdung, über seelischen und sexuellen Missbrauch der Jungen und Mädchen berichtet. Hunderte von ihnen starben an Tuberkulose. „Man nahm ihnen alles – die Eltern, die Sprache, die Kultur, ihren Glauben“, resümiert Lilyrose. Die letzte dieser Schulen schloss erst 1996.
Mit dem Bau des Gemeindezentrums begann für viele Métis der Region ein neuer Lebensabschnitt. In den oft seelisch gebrochenen Menschen keimten Hoffnung und Mut auf, jetzt wieder selbst etwas für den Erhalt ihrer Kultur tun zu können. Auf dem mehr als 700 Hektar großen Gelände befinden sich neben den Gesellschaftsräumen ein modernes Hotel, ein Restaurant, ein Museum und mehrere Koppeln, in denen die Métis Prärie- und Waldbisons, Pferde und Hirsche züchten. Die größte Überraschung für europäische Besucher aber ist eine kleine Herde von 14 weißen Bisons.
„Wir sind total glücklich, diese in Amerika wohl einmalige Herde bei uns zu haben“, flüstert Shirley Pallister mit glänzenden Augen, als sie ihre Gäste in einem Jeep in respektvollem Abstand zu den wunderschönen Tieren und ihrem Nachwuchs fährt. „Für uns Métis haben weiße Bisons eine besondere spirituelle Bedeutung als Hoffnungsträger für die Zukunft.“
Weiße Bisons haben für die Métis eine besondere spirituelle Bedeutung als Hoffnungsträger für die Zukunft.
Foto: Michael Juhran
80 Kilometer weiter erlebt man auf Elk Island eine weitere Erfolgsgeschichte. Nachdem Ende des 19. Jahrhunderts Millionen von Bisons ausgerottet waren, kaufte die kanadische Regierung im Jahr 1907 hunderte Tiere von einem Züchter in Montana. Heute leben auf Elk Island wieder 600 Prärie- und 400 Waldbisons. „Jedes Jahr verzeichnen wir einen Zuwachs von 20 Prozent“, berichtet Jaclyn Ludwig bei einem Geländerundgang. „Wir können die Vergangenheit nicht ungeschehen machen, als den indigenen Stämmen deren wichtigste Nahrungsgrundlage genommen wurde“, räumt sie ein. Aber seit sieben Jahren gibt die Zuchtstation die Mehrheit des Nachwuchses an die Cree, Blackfoot und Métis in Alberta ab, sodass sich deren Bestände erfreulich entwickeln können.
Zurück in Albertas Hauptstadt Edmonton, lässt sich das Wissen über die Métis im äußerst repräsentativen Royal Alberta Museum vertiefen. Von den ersten Siedlungen am Red River bis zum Aufstand gegen Hunger und nicht eingelöste Landversprechen unter Führung von Louis Riel 1885 mussten sie sich immer wieder gegen den Raub von Siedlungsland und die Beschneidung ihrer Rechte wehren. Im Edmonton-Stadtteil Old Strathcona lohnt zudem ein Besuch des Old Farmers Market. Mit großem Engagement pflegt hier der Cree Shane Chartrand die traditionelle Küche der Cree und Métis. Sein Bannock mit zartem Bisonfleisch zum Frühstück oder Lunch dürfte zu den besten des Landes gehören und mit dem Pemmikan aus getrockneten Beeren, Fleisch und Fett hält er die Erinnerung an das Superfood der Indigenen sowie der Trapper und Pelzhändler in Erinnerung. „Unsere Rezepte wurden stets nur mündlich überliefert“, berichtet Shane, der deshalb kürzlich ein Kochbuch schrieb. Nun kocht er auch weltweit in TV-Shows, unlängst sogar in Kairo.
Shane Chartrand zelebriert die traditionelle Küche der Cree und Métis und schrieb ein erstes Kochbuch.
Foto: Michael Juhran
Ein Besuch Albertas ohne einen Abstecher zum Jasper Nationalpark wäre nahezu sträflich. Auch wenn im vergangenen Sommer Waldbrände immense Schäden hinterließen, begeistert die Natur mit grünen und blauen Gletscherseen, faszinierenden Wasserfällen und den beeindruckenden Bergen der Rocky Mountains. Die Tierwelt ist längst zurückgekehrt, sodass die Chancen gut stehen, auf einer Tour Schwarzbären, Elchen, Dickhornschafen, Maultierhirschen und Weißkopfadlern zu begegnen. Die direkt am Beauvert-See gelegene Fairmont Jasper Park Lodge ist ein idealer Ausgangspunkt, um mit der SkyTram den Whistler Mountain zu erobern und ein unvergleichliches Panorama zu genießen. In einer halben Stunde ist man von hier auch an solchen Natur-Highlights wie den Athabasca Falls oder dem Pyramid Lake. Oder man entspannt einfach am blau-grünen Gletschersee, wo sich auch die Kanadagänse sonnen, Erdhörnchen herumhüpfen, Maultierhirsche friedlich am Ufer äsen und die sich im Wasser spiegelnden Berge eine Bilderbuchlandschaft kreieren.
Kanada Bei den Métis und ihren weißen Bisons
Lange litten die Nachfahren europäischer Pelzhändler und indigener Frauen in Kanada unter diskriminierenden Verhältnissen. Dies betraf auch deutsche Siedler, die sich mit ihren indigenen Frauen in Alberta niederließen. Jetzt gibt es viele Initiativen, ihre Kultur, Traditionen, Sprache und traditionelle Küche wiederzubeleben.
Die Fairmont Jasper Park Lodge ist ein idealer Ausgangspunkt für die Erkundung der umgebenden Naturschönheiten.
Foto: Michael Juhran
Métis Crossing, rund 110 Kilometer nordöstlich von Edmonton, ist ein Ort der Hoffnung und der Zuversicht. Ein Ort, an dem die Métis ihre gesellschaftlichen und familiären Bande neu knüpfen, sich ihrer Kultur und traditionellen Lebensweise annehmen. Seit den ersten Einwanderungen aufgrund ihres gemischten Blutes weder von den First Nations noch von den ins Land strömenden britischen Siedlern als gleichberechtigt akzeptiert, mussten sie viele Jahre um ihre Rechte kämpfen. Etwa 20 Prozent der Einwohner Albertas berufen sich heute auf deutsche Vorfahren und so trifft man auch bei den Métis vielerorts auf deutsche Familiennamen.
Lilyrose Meyers gehört zu den Pionieren, die seit 2005 im Kultur- und Gemeindezentrum Métis Crossing das Erbe ihrer Vorfahren aufarbeiten. Die Nachfahrin einer Cree-Frau und eines Einwanderers aus Hamburg gibt hier Kurse in der Muttersprache, lässt traditionelles Kunsthandwerk wiederaufleben und manchmal führt sie auch Besucher aus Europa durch die Blockhäuser ihrer Vorfahren am Ufer des Nord Saskatchewan Flusses. Sie hat die Zeiten der „Residential Schools“ noch aktiv miterlebt, als die Kinder der Indigenen und der Métis von ihren Eltern getrennt und ihrer familiären Bande beraubt in Internate gesteckt wurden. Immer wieder hält sie inne und kämpft mit den Tränen, wenn sie über die Entfremdung, über seelischen und sexuellen Missbrauch der Jungen und Mädchen berichtet. Hunderte von ihnen starben an Tuberkulose. „Man nahm ihnen alles – die Eltern, die Sprache, die Kultur, ihren Glauben“, resümiert Lilyrose. Die letzte dieser Schulen schloss erst 1996.
Mit dem Bau des Gemeindezentrums begann für viele Métis der Region ein neuer Lebensabschnitt. In den oft seelisch gebrochenen Menschen keimten Hoffnung und Mut auf, jetzt wieder selbst etwas für den Erhalt ihrer Kultur tun zu können. Auf dem mehr als 700 Hektar großen Gelände befinden sich neben den Gesellschaftsräumen ein modernes Hotel, ein Restaurant, ein Museum und mehrere Koppeln, in denen die Métis Prärie- und Waldbisons, Pferde und Hirsche züchten. Die größte Überraschung für europäische Besucher aber ist eine kleine Herde von 14 weißen Bisons.
„Wir sind total glücklich, diese in Amerika wohl einmalige Herde bei uns zu haben“, flüstert Shirley Pallister mit glänzenden Augen, als sie ihre Gäste in einem Jeep in respektvollem Abstand zu den wunderschönen Tieren und ihrem Nachwuchs fährt. „Für uns Métis haben weiße Bisons eine besondere spirituelle Bedeutung als Hoffnungsträger für die Zukunft.“
Weiße Bisons haben für die Métis eine besondere spirituelle Bedeutung als Hoffnungsträger für die Zukunft.
Foto: Michael Juhran
80 Kilometer weiter erlebt man auf Elk Island eine weitere Erfolgsgeschichte. Nachdem Ende des 19. Jahrhunderts Millionen von Bisons ausgerottet waren, kaufte die kanadische Regierung im Jahr 1907 hunderte Tiere von einem Züchter in Montana. Heute leben auf Elk Island wieder 600 Prärie- und 400 Waldbisons. „Jedes Jahr verzeichnen wir einen Zuwachs von 20 Prozent“, berichtet Jaclyn Ludwig bei einem Geländerundgang. „Wir können die Vergangenheit nicht ungeschehen machen, als den indigenen Stämmen deren wichtigste Nahrungsgrundlage genommen wurde“, räumt sie ein. Aber seit sieben Jahren gibt die Zuchtstation die Mehrheit des Nachwuchses an die Cree, Blackfoot und Métis in Alberta ab, sodass sich deren Bestände erfreulich entwickeln können.
Zurück in Albertas Hauptstadt Edmonton, lässt sich das Wissen über die Métis im äußerst repräsentativen Royal Alberta Museum vertiefen. Von den ersten Siedlungen am Red River bis zum Aufstand gegen Hunger und nicht eingelöste Landversprechen unter Führung von Louis Riel 1885 mussten sie sich immer wieder gegen den Raub von Siedlungsland und die Beschneidung ihrer Rechte wehren. Im Edmonton-Stadtteil Old Strathcona lohnt zudem ein Besuch des Old Farmers Market. Mit großem Engagement pflegt hier der Cree Shane Chartrand die traditionelle Küche der Cree und Métis. Sein Bannock mit zartem Bisonfleisch zum Frühstück oder Lunch dürfte zu den besten des Landes gehören und mit dem Pemmikan aus getrockneten Beeren, Fleisch und Fett hält er die Erinnerung an das Superfood der Indigenen sowie der Trapper und Pelzhändler in Erinnerung. „Unsere Rezepte wurden stets nur mündlich überliefert“, berichtet Shane, der deshalb kürzlich ein Kochbuch schrieb. Nun kocht er auch weltweit in TV-Shows, unlängst sogar in Kairo.
Shane Chartrand zelebriert die traditionelle Küche der Cree und Métis und schrieb ein erstes Kochbuch.
Foto: Michael Juhran
Ein Besuch Albertas ohne einen Abstecher zum Jasper Nationalpark wäre nahezu sträflich. Auch wenn im vergangenen Sommer Waldbrände immense Schäden hinterließen, begeistert die Natur mit grünen und blauen Gletscherseen, faszinierenden Wasserfällen und den beeindruckenden Bergen der Rocky Mountains. Die Tierwelt ist längst zurückgekehrt, sodass die Chancen gut stehen, auf einer Tour Schwarzbären, Elchen, Dickhornschafen, Maultierhirschen und Weißkopfadlern zu begegnen. Die direkt am Beauvert-See gelegene Fairmont Jasper Park Lodge ist ein idealer Ausgangspunkt, um mit der SkyTram den Whistler Mountain zu erobern und ein unvergleichliches Panorama zu genießen. In einer halben Stunde ist man von hier auch an solchen Natur-Highlights wie den Athabasca Falls oder dem Pyramid Lake. Oder man entspannt einfach am blau-grünen Gletschersee, wo sich auch die Kanadagänse sonnen, Erdhörnchen herumhüpfen, Maultierhirsche friedlich am Ufer äsen und die sich im Wasser spiegelnden Berge eine Bilderbuchlandschaft kreieren.