Stand: 13.11.2025 16:47 Uhr
Der Weg war lang – nun aber zeigen sich Union und SPD zufrieden mit dem Kompromiss zum neuen Wehrdienst. Dieser sieht neben einer verpflichtenden Musterung junger Männer auch die Möglichkeit einer „Bedarfswehrpflicht“ vor.
Nach langem Ringen haben sich Union und SPD auf die Ausgestaltung des neuen Wehrdienstes geeinigt. Demnach setzt die Koalition zunächst weiter auf Freiwilligkeit, es soll aber auch eine flächendeckende Musterung und Zielmarken für den Aufwuchs der Truppe geben. Bei zu niedrigen Freiwilligenzahlen soll der Bundestag zudem über eine sogenannte Bedarfswehrpflicht entscheiden können.
Bei einer Pressekonferenz zeigten sich Union und SPD zufrieden mit dem Kompromiss. „Wir werden mehr Verbindlichkeit haben in der Freiwilligkeit“, sagte Unionsfraktionschef Jens Spahn. So solle ein „verbindlicher Aufwuchspfad“ für die Zahl der Soldatinnen und Soldaten gesetzlich festgeschrieben werden. Auch bestätigte Spahn, „dass alle gemustert werden“. „Sollte es am Ende nicht reichen bei der Freiwilligkeit, braucht es auch eine Verpflichtung“, so der CDU-Politiker.
„Richtige Mischung aus Freiwilligkeit und Verpflichtung“
Der SPD-Fraktionsvorsitzende Matthias Miersch sagte, es seien keine einfachen Verhandlungen gewesen, man habe sie jedoch „zu einem guten Ende“ gebracht. Er betonte den Vorrang der Freiwilligkeit, um den Personalbedarf der Bundeswehr zu decken. Sollte das nicht der Fall sein, werde sich der Bundestag dann neu mit dieser Situation auseinandersetzen müssen.
CSU-Landesgruppenchef Alexander Hoffmann sagte, man setze auf die „richtige Mischung aus Freiwilligkeit und Verpflichtung“ mit einem verbindlichen Pfad zu Zeit und Zielen. Zudem gelinge es, die Bundeswehr endlich wieder mehr in die Mitte der Gesellschaft zu rücken.
Zuvor waren die Fraktionen zu Sitzungen zusammengekommen. Verteidigungsminister Boris Pistorius lobte den Kompromiss im Anschluss. „Ich bin sehr zufrieden“, sagte der SPD-Politiker. „Es hat keine Wortmeldung dagegen gegeben.“ Auch in der parallelen Sitzung der Union wurde das Vorhaben gebilligt. Das Gesetz soll nun Anfang Dezember beschlossen werden und 2026 in Kraft treten.
Fragebogen, Musterung und Bedarfswehrpflicht
Die Einigung erfolgte den Angaben zufolge am Mittwochabend in einem Spitzengespräch von Spahn, Miersch und Pistorius. Demnach sollen ab dem kommenden Jahr alle 18-Jährigen einen Fragebogen erhalten, der etwa Motivation und Eignung erfasst. Für Männer ist die Beantwortung verpflichtend.
Zugleich ist eine verpflichtende Musterung vorgesehen. „Mit Inkrafttreten des Gesetzes beginnt zudem die verpflichtende Musterung der ab dem 1. Januar 2008 geborenen Männer, die schrittweise entsprechend dem Aufbau der Musterungskapazitäten auf den gesamten Jahrgang ausgeweitet wird“, heißt es in dem Koalitionspapier.
Bedarfswehrpflicht, aber kein Automatismus
Die Vereinbarung sieht auch die Möglichkeit einer sogenannten Bedarfswehrpflicht vor: „Der Bundestag entscheidet durch Gesetz über die Einsetzung einer Bedarfswehrpflicht, insbesondere wenn die verteidigungspolitische Lage oder die Personallage der Streitkräfte dies erforderlich macht.“ Dies diene der Schließung möglicher Lücken zwischen dem Bedarf der Streitkräfte und der tatsächlichen Zahl an Freiwilligen.
„Übersteigt die Zahl der Wehrpflichtigen eines Jahrgangs den Bedarf, kann nach Anwendung der Wehrdienstausnahmen und aller anderen Maßnahmen als ultima ratio ein Zufallsverfahren zur Auswahl angewendet werden“, heißt es weiter. „Einen Automatismus zur Aktivierung der Wehrpflicht wird es nicht geben.“ Um die Frage einer Pflicht hatte es lange Streit in der Koalition gegeben.
Anreize für mehr Freiwilligkeit
Beim Status der Soldaten im neuen Wehrdienst gibt es eine Änderung zu bisherigen Planungen. „Der freiwillige Wehrdienst als besonderes staatsbürgerliches Engagement bleibt erhalten. Ab zwölf Monaten Verpflichtungsdauer wird der Status Soldat auf Zeit (SAZ 1) eingeführt“, heißt es. Bisher war geplant, dass alle neuen Wehrdienstleistenden sofort Soldaten auf Zeit werden.
Es bleibt aber bei einem Dienst, der mit höherer Bezahlung und zusätzlichen Ausbildungen wie Führerscheinen oder IT-Lehrgängen schmackhaft gemacht werden soll: „Wer freiwillig dient, erhält rund 2.600 Euro brutto monatlich. Ab einer Verpflichtungszeit von einem Jahr wird ein Führerscheinzuschuss für Pkw oder Lkw gewährt“, heißt es in dem Koalitionspapier.
Kritik aus der Opposition
Im Oktober hatte die Unionsfraktion das schon vom Kabinett verabschiedete Gesetz zum neuen Wehrdienst wegen inhaltlicher Bedenken gestoppt. Strittig waren zuletzt etwa Zielmarken für den Aufwuchs der Truppe und das Auswahlverfahren für den Fall, dass sich nicht ausreichend Männer und Frauen für einen freiwilligen Dienst melden.
Während schwarz-rot von einem guten Ergebnis spricht, kommt aus der Opposition Kritik. Die Grünen sehen im Wehrdienst-Kompromiss eine „Verschlimmbesserung“, Linken-Chef Jan van Aken stellte klar: „Wir sind gegen jede Form von Zwangsdienst“. Kritik kommt auch von der Bundesschülerkonferenz.








