Stand: 04.10.2025 16:26 Uhr
Vor vier Jahren verlor Andrej Babis die Wahl in Tschechien knapp. Nun könnte er vor der Rückkehr an die Macht stehen. Ersten Zahlen zufolge wird seine ANO-Partei klar stärkste Kraft – sie braucht aber einen Koalitionspartner.
Bei der Parlamentswahl in Tschechien steuert die rechtspopulistische Partei ANO von Ex-Ministerpräsident Andrej Babis Hochrechnungen zufolge auf einen deutlichen Sieg zu. Sie dürfte aber die absolute Mehrheit verfehlen.
Nach Auszählung der Hälfte aller Wahlbezirke kommt ANO auf etwa 38 Prozent der Stimmen, gefolgt vom Spolu-Bündnis des amtierenden Ministerpräsidenten Petr Fiala mit rund 20 Prozent. Die bisher mitregierende Bürgermeisterpartei STAN liegt bei knapp 11 Prozent.
Hochrechnungen des Senders CNN Prima News zufolge ziehen sechs Parteien ins Parlament ein. Die jetzige Regierungskoalition würde damit ihre Mehrheit im 200 Sitze zählenden Abgeordnetenhaus verlieren.
Die Stimmen werden fortlaufend ausgezählt. In der Regel liegen die Ergebnisse aus kleinen ländlichen Wahlkreisen zuerst, aus den Großstädten dagegen erst später vor. Verschiebungen sind daher möglich.
Wende in Ukraine-Politik erwartet
Der 71-jährige Milliardär Babis ist ein Verbündeter des rechtsnationalen ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban in der Fraktion „Patrioten für Europa“ im Europäischen Parlament und vertritt in der Frage der Hilfe für die Ukraine eine ambivalente Haltung. So tritt er für ein Ende des von Tschechien initiierten Artillerie-Unterstützungsprogramms für die Ukraine ein. Er weist aber den Vorwurf von Fiala zurück, dass er sich von der NATO und der EU abwenden wolle.
Innenpolitisch verspricht der Rechtspopulist den Wählern eine Steigerung der Löhne und eine Ankurbelung des Wachstums. Er verfolgt einen scharfen Kurs gegen Einwanderung und ist erklärter Gegner ambitionierter Klimaschutzziele in der EU.
Wegen der angespannten Beziehungen zwischen ANO und Spolu könnte Babis auf die Unterstützung von EU- und NATO-feindlichen Parteien an den politischen Rändern angewiesen sein, etwa einer rechtsextremen und prorussischen Partei und einer linksextremen Partei.
Probleme bei Abstimmung mit elektronischem Ausweis
Mehr als acht Millionen Menschen waren zur Wahl des Abgeordnetenhauses aufgerufen. Es ist die wichtigere der beiden Parlamentskammern. Zum ersten Mal durften tschechische Bürger aus dem Ausland per Briefwahl wählen. Bisher mussten sie persönlich in einer diplomatischen Vertretung ihre Stimme abgeben.
Überschattet wurde die Abstimmung von Problemen mit dem elektronischen Personalausweis, der es ermöglichen soll, sich mit dem Smartphone auszuweisen. Grund war nach Angaben der zuständigen Behörde eine Überlastung aufgrund der unerwartet hohen Nachfrage.