Wirtschafts-Erfolg Irlands Offene Volkswirtschaft unter wachsendem Druck
Stand: 26.09.2025 08:31 Uhr
Irland zählt mit vielen Pharma-Exporten und als Standort von Techfirmen zu den wirtschaftlichen Spitzenreitern Europas. Doch dem Land macht die Abhängigkeit von den USA zunehmend zu schaffen.
Das irische Kleeblatt hat drei Blätter – als Nationalsymbol unverwechselbar. Wirtschaftlich darf Irland aber mit einem vierten Glücksblatt rechnen, denn die Zeiten der Armut sind längst vorbei. Irland gehört inzwischen zu den reichsten Staaten in Europa. „Im Moment ist es auf jeden Fall ein großes Zugpferd, allein was die Exporte, was die Investitionen angeht“, sagt der Außenwirtschaftsexperte des Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW), Holger Görg.
Irland ist eine sehr kleine, aber auch sehr offene Volkswirtschaft. Diese lebt vom Import-Export und von ausländischen Direktinvestitionen. Außerdem ist die Bevölkerung sehr jung – jünger als in Deutschland – und dazu noch gut ausgebildet, vor allem in den sogenannten MINT-Berufen, also in Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik.
Außerdem ist die Nation englischsprachig, auf der internationalen Bühne ein klares Plus. Das Land hat Wachstumsraten im Schnitt von mehr als fünf Prozent, sagt Ökonom Thomas Obst vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW). „Und sie haben ein sehr hohes Pro-Kopf-Einkommen, wenn man sich das mal anschaut im EU-Vergleich. In Irland liegt es bei 100.000 Euro pro Person. Das ist ungefähr doppelt so hoch wie in der EU. In Deutschland zum Vergleich liegt es etwa bei 50.000 Euro pro Person.“
Bekannt für niedrige Unternehmenssteuern
Irlands Erfolg aber fußt vor allem auf einem Faktor: sehr niedrigen Unternehmenssteuern. Diese haben viele multinationale Konzerne aus der Tech- und Pharmabranche nach Irland gelockt. Konzerne wie Meta, Google oder Apple machen also hohe Gewinne in Irland. Damit hat sich das Land in Zeiten von US-Präsident Trumps Handelsstreit von den USA gefährlich abhängig gemacht.
„Trump hat ja erklärt, dass er die Produktionen zurück in die USA holen möchte, dass er ausländische Direktinvestitionen anziehen möchte. Und das wäre für Irland natürlich eine Gefahr, weil die größten Pharmahersteller nun mal amerikanische Hersteller sind“, sagt Thomas Obst vom IW.
Schwerpunkt Pharmazie
Laut der Außenwirtschaftsagentur des Bundes (GTAI) machen pharmazeutische Produkte knapp die Hälfte der Exporte Irlands aus. Nach Deutschland und der Schweiz ist Irland der drittgrößte Pharmaexporteur der Welt. Viele Medikamente gehen in die USA.
Dementsprechend bedrohen Trumps Zollandrohungen vor allem diese Branche. Noch sind Medikamente zollfrei. Auch der EU-USA-Zoll-Deal spiele Irland in die Karten, so Holger Görg. „Wenn Sie sich nur das Handelsdefizit der USA mit Irland anschauen, sollten die Zölle für Irland eigentlich noch viel viel höher sein – und zwar doppelt so hoch. Da gibt es schon den Eindruck in Irland, dass man so ein bisschen glimpflich davongekommen ist.“
Doch Irlands Zukunft wird schwieriger. Der EU sind die US-Tech-Konzerne ein Dorn im Auge, mit strengeren Regulierungen und Steuern will Brüssel Druck machen. Im Land selbst fehlt bezahlbarer Wohnraum, vor allem in den Großstädten. In Dublin kostet eine zwei Zimmer-Wohnung oft an die 2.600 Euro. Das belastet den Wirtschaftsstandort Irland.
Dennoch ist Görg überzeugt, Deutschland könne von Irland lernen – bei wirtschaftlicher Offenheit und beim Thema Migration: „Irland ist ein Land, dass traditionell sehr sehr offen ist für Migration, das sieht man in Deutschland anders.“
Festhalten an Industrie
Und Irland halte an der Industrie fest, während Deutschland über De-Industrialisierung diskutiere, sagt Thomas Obst: „Was wir definitiv lernen können, ist, dass ein hoher Anteil der Industrie an der Wertschöpfung sehr wichtig ist. Auch in Deutschland haben wir ja gerade die Debatte zur De-Industrialisierung. Wir brauchen wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen. Irland ist also nicht nur steuerfreundlich, sie haben dort auch gut ausgebildete Fachkräfte.“
Irland wird wegen seiner wirtschaftlichen Kraft „keltischer Tiger“ genannt. Doch in Zeiten globaler Handelskonflikte und einseitiger Abhängigkeit stellt sich die Frage: Wie bissig ist dieser Tiger noch?
