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Technologie-Aktien Kann der KI-Boom an den Märkten so weitergehen?
Stand: 22.12.2025 10:57 Uhr
Seit ChatGPT vor drei Jahren an den Start gegangen ist, gilt Künstliche Intelligenz als Megathema. Doch mittlerweile gibt es auch Sorgen, ob an den Börsen eine Blase entstanden ist. Zu Recht?
Künstliche Intelligenz gilt als das Zukunftsthema schlechthin. Allen voran US-amerikanische und chinesische Unternehmen investieren viele hundert Milliarden, um frühzeitig die Claims in der unbekannten neuen Welt abzustecken. Entsprechende Aktien sind seit Jahren begehrt. Zuletzt jedoch ist die Nervosität bei Anlegern gestiegen.
Denn Marktkenner wie Finanz-Urgestein Warren Buffett warnen: KI-Werte seien überbewertet. An den Finanzmärkten habe sich eine Blase gebildet, die zu platzen drohe. Der Digital-Experte Roland Fiege sagt: „Künstliche Intelligenz hat zu schnell zu große Hoffnungen geweckt, was extrem hohe Kurssprünge nach sich gezogen hat. Wo die Hoffnung groß ist, da fließt auch viel Kapital rein.“
Nvidia ist Treiber und Profiteur
Eindrucksvoll zu beobachten ist das an Nvidia. Der US-Konzern liefert die Hochleistungs-Chips, die große KI-Modelle und Rechenzentren erst zum Leben erwecken. Der Aktienkurs lag zum Start von ChatGPT 2022 bei rund 17 Dollar. Drei Jahre später erreichte die Nvidia-Aktie diesen Oktober einen Rekordwert von über 212 Dollar. Im laufenden Jahr war der Chip-Konzern als erstes Börsenunternehmen der Welt zeitweise über fünf Billionen Dollar wert.
Hochkonjunktur hatten teils auch Aktien vieler Tech-Unternehmen. Allen voran die aus den USA: Microsoft, Meta, Alphabet, Amazon oder Apple übertrumpfen sich seit Monaten mit Ankündigungen, massiv in KI zu investieren. Hunderte Milliarden Dollar sollen etwa in Sprachmodelle, Rechenzentren oder Cloud-Lösungen fließen.
KI verdient noch kaum Geld
Die Angst, den Einstieg in etwas ganz Großes zu verpassen, geht um und treibt auch die Kurse. Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Deka-Bank, sagt: „Das ist das Kennzeichen derartiger Innovationen, die grundlegend sind. Sie versprechen auf den ersten Blick und nach den ersten Erfahrungen große Marktpotenziale, aber ob sie sie erfüllen, lässt sich von niemandem zuverlässig vorhersagen.“
Das ist ein Grund dafür, warum Kurse und Stimmung an den Märkten zuletzt volatiler geworden sind. Ängste machen sich breit, dass sich die geplanten massiven Investitionen in KI letztlich doch nicht auszahlen werden. Zwar macht etwa Chip-Anbieter Nvidia sehr gute Geschäfte, aber viele tatsächliche KI-Anwendungen – also das, was dann über die vielen geplanten Rechenzentren laufen soll – sind noch Zukunftsmusik. Richtig Geld wird damit noch nicht verdient. Zumal sich manche Unternehmen im Wettrennen um KI stark verschulden.
Crash nicht ausgeschlossen
Ein weiteres Problem: Die KI-Akteure sind immer stärker miteinander verflochten – durch Beteiligungen und Geschäfte. Fällt einer, könnten andere mitgerissen werden. Mike Glöckner vom Vermögensverwalter DJE Kapital AG sagt: „Aufgrund von sehr hohen Bewertungen, der Verschuldung und der gegenseitigen Finanzierungen kann durchaus auch ein Crash passieren.“
Von einem Crash spricht man bei Kurseinbrüchen im großen Stil um mindestens 30 Prozent aufwärts, oft bis 70 oder 80 Prozent Kursminus, wie Glöckner erklärt. Er rechnet, wie viele andere Marktbeobachter, aber eher mit sogenannten Korrekturen, also mit Kursverlusten von zehn bis 20 Prozent.
Wer bleibt übrig?
Finanzprofessor Christian Rieck von der Frankfurt University of Applied Sciences sagt: „Das kann schon sein, dass es im Zusammenhang mit KI zu kurzfristigen Kurseinbrüchen kommt. Aber wenn man das über lange Sicht fortschreibt, wird KI ein Riesending sein. Da ist es mehr oder weniger egal, was in den kommenden fünf Jahren passiert.“ Und der Digitalexperte Roland Fiege betont: „Dass direkte Erträge mit KI noch nicht ganz so schnell zu verzeichnen sind ändert nichts daran, dass das die Zukunftstechnologie ist, die uns alle beeinflussen wird.“
Das heißt laut Experten auch: Rücksetzer bei den Kursen und Marktbereinigung bei den Unternehmen sind wahrscheinlich. Aber wer übrig bleibt, habe beste Chancen aufs „Big Business“, das ganz große Geschäft. Das seien nur nicht zwingend die Unternehmen, die derzeit – teils mit großer Verschuldung – massiv in KI investierten.
Für Marktkenner wie Mike Glöckner von der DJE Kapital AG ist Künstliche Intelligenz nichts weniger als die nächste industrielle Revolution: „Man kann das alles in eine Reihe bringen: Dampfmaschine, Eisenbahn, Elektrizität, Computer, Internet und jetzt KI. Deswegen ist der Hype auch meiner Meinung nach begründet.“









