
Tierhaltung Kommt das staatliche Label noch?
Stand: 18.10.2025 17:53 Uhr
Wie ist es den Tieren gegangen, deren Milch man trinkt? Das kann ein Label auf der Verpackung zeigen. Ein staatliches Kennzeichen der Tierhaltungsform ist seit Jahren in Arbeit, wird aber immer wieder verschoben.
CSU-Bundeslandwirtschaftsminister Alois Rainer will vieles anders machen als sein grüner Amtsvorgänger Cem Özdemir. Und zwar auch beim lange geplanten Gesetz zur Tierhaltungskennzeichnung. Es sieht fünf Stufen vor, von „Stallhaltung“ über „Außenklima“ bis „Bio“.
Die Ampelkoalition hatte es bereits vor zwei Jahren verabschiedet, es ist jedoch anders als geplant nicht zum 1. August 2025 in Kraft getreten. Schwarz-Rot hat die Umsetzung verschoben, auf den 1. März kommenden Jahres. Inzwischen ist sogar im Gespräch, das Gesetz noch weiter zu vertagen, die Agrarministerkonferenz fordert das.
Dazu kommt: Bundeslandwirtschaftsminister Rainer hat ein von Özdemir gestartetes Förderprogramm beendet, das den Bauern beim tierfreundlichen Umbau ihrer Ställe helfen sollte. Vor diesem Hintergrund fürchten Natur- und Tierschutzverbände einen „Stillstand im Tierschutz“, und einen Abschied auf Raten von einem staatlichen Tierhaltungslabel.
CSU findet staatliches Label verzichtbar
Überdies gibt es auf vielen Fleischpackungen in deutschen Supermärkten schon seit 2019 ein Label zur Haltungsform, das von der Privatwirtschaft verliehen wird.
Braucht es also trotzdem zusätzlich – oder stattdessen – noch eine staatliche Kennzeichnung? Dazu gibt es unterschiedliche Ansichten. Der CSU-Sprecher für Landwirtschaft im Bundestag, Artur Auernhammer, findet: „Wenn etwas privatrechtlich sehr gut funktioniert, ist die Frage: Muss ich das gesetzlich regeln?“
Der Grünen-Agrarpolitiker Karl Bär dagegen argumentiert: „Wir brauchen ein System, das tatsächlich auch diejenigen, die auf den untersten Stufen arbeiten, dazu zwingt, auf ihre Ware zu schreiben: Wir halten uns gerade so an den gesetzlichen Standard.“ Außerdem solle der Staat es nicht den großen Handelsketten überlassen, die Standards für gute Tierhaltung zu setzen.
Gesetz ist verabschiedet, nur nicht umgesetzt
Schon die CDU-Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner wollte 2028 eine staatliche Herkunftskennzeichnung. Auch die sogenannte Borchert-Kommission aus Tierschützern, Bauernvertretern und Wissenschaftlern empfahl die Kennzeichnung. Erst die Ampel-Regierung verabschiedete dann tatsächlich ein Gesetz, zunächst für Schweinfleisch.
Jetzt, unter Schwarz-Rot, mit einem Metzger als Minister fragen sich viele Beteiligte: Wie viel bleibt vom ursprünglichen Ziel am Ende übrig? Wird es überhaupt noch etwas?
SPD sitzt am längeren Hebel
Der SPD-Bundestagsabgeordnete Jens Behrens, ebenfalls im Agrarausschuss, ist sich da ziemlich sicher: „Ich glaube, wir sind auf einem guten Weg. Ich bin sehr optimistisch, dass es was wird.“
Klar ist: Die SPD sitzt in der Koalition in diesem Punkt am längeren Hebel. Denn zum einen steht im Koalitionsvertrag, dass man am Tierhaltungskennzeichnungsgesetz festhält. Und zum anderen tritt, falls es keine Einigung gibt, automatisch das alte Gesetz der Ampelkoalition in Kraft.
Kennzeichnung soll auch in Gaststätten gelten
Im Sommer hat der Bundestag mit den Stimmen von Schwarz-Rot schon prinzipiell dafür gestimmt, die staatliche Kennzeichnungspflicht auf Kantinen und Gaststätten auszuweiten. Und mittelfristig auf weitere Tierarten, denn bisher gilt sie nur für Schwein.
CSU-Agrarpolitiker Auernhammer will zwar vor allem den Aufwand für Bauern möglichst gering halten. Er argumentiert aber gleichzeitig: Wenn der Bund schon ein Gesetz macht, soll es auch mehr bringen als die freiwillige Kennzeichnung des Einzelhandels. Der CSU-Politiker will in das Kennzeichen die geografische Herkunft einbeziehen, um deutsches Fleisch unterscheidbar von Importen etwa aus Dänemark oder Spanien zu machen.
Auch der Bauernverband will die Kennzeichnung
Das ist auch einer der Gründe, warum neben Tierschützern der Bauernverband ebenfalls das staatliche Tierhaltungskennzeichen haben will: um sich von der Billigkonkurrenz aus dem Ausland abzusetzen. Ziel ist, dass auf ausländischer Ware zumindest ein Kennzeichen „Haltungsform unbekannt“ stehen müsste.
Was hier genau geht, prüfen die Juristen im Bundesagrarministerium noch. Das könnte noch ein paar Monate länger dauern. Aber vor der nächsten Sommerpause ein Gesetz für ein staatliches Tierhaltungslabel zu verabschieden, erscheint den Koalitionären möglich. Und zwar eines, das sogar mehr abdeckt als das alte Gesetz der Ampelkoalition.