Stand: 03.11.2025 09:04 Uhr
„Hier können wirklich kaum Menschen richtig würdig leben“: Bei seinem Syrien-Besuch hat Außenminister Wadephul sich skeptisch gezeigt, dass viele Flüchtlinge freiwillig zurückgehen. Aus der Union wird er nun kritisiert.
Nach seiner skeptischen Einschätzung über die freiwillige Rückkehr syrischer Flüchtlinge in ihr Heimatland wird Außenminister Johann Wadephul (CDU) in seiner Partei kritisiert.
Fraktionsvize Günter Krings sagte der Bild-Zeitung: „Die spontane Äußerung des Bundesaußenministers wird ganz offensichtlich aus dem Zusammenhang gerissen, wenn man ihr irgendeine Relevanz für die anstehenden und notwendigen Rückführungen nach Syrien geben wollte.“
Der syrische Bürgerkrieg sei vorbei und in weiten Teile des Landes sei für die allermeisten ausgereisten Syrer eine Rückkehr zumutbar. Der Zerstörungsgrad eines Landes sei als Argument gegen eine „freiwillige oder pflichtgemäße Rückkehr“ ungeeignet, sagte Krings. „Denn wer soll ein zerstörtes Land wieder aufbauen, wenn das nicht seine eigenen Staatsbürger und Staatsbürgerinnen tun?“
Wadephul glaubt nicht an rasche Rückkehr
Wadephul hatte nach einem Besuch im vom Bürgerkrieg gezeichneten Syrien angezweifelt, dass angesichts der massiven Zerstörung rasch viele Flüchtlinge zurückkehren. Ein solches Ausmaß an Zerstörung habe er bisher nicht gesehen. „Hier können wirklich kaum Menschen richtig würdig leben“, sagte er in Harasta, einem noch immer schwer verwüsteten Vorort von Damaskus.
Bewohner gehen an einer Ruine in Harasta vorbei.
Die syrische Regierung schätze die in Deutschland ausgebildeten jungen Syrer. Sie könnten aber frei entscheiden, welchen Weg sie wählten, sagte Wadephul. „Jeder, der bei uns bleibt und sich bei uns in unsere Gesellschaft einbringt“ sei weiterhin willkommen. Zu Rückführungen einzelner schwerer Straftäter sei das Ministerium mit dem syrischen Außenministerium in Kontakt, sagte der Außenminister.
Frei fordert Differenzierung
Sachsen-Anhalts CDU-Chef und Wirtschaftsminister Sven Schulze kann Wadephuls Aussagen nach eigenen Worten nicht nachvollziehen. „Der Fluchtgrund für hunderttausende Syrer war der mittlerweile beendete Bürgerkrieg“, sagte er. Somit müsse jetzt ganz gezielt an einer Strategie zur schnellen Rückkehr dieser Menschen gearbeitet werden. „Ein in Teilen zerstörtes Land und schlechtere Lebensbedingungen als in Deutschland sind kein Grund, daran nicht zu arbeiten.“ Schulze ist auch Spitzenkandidat seiner Partei bei der im September 2026 anstehenden Landtagswahl.
Kanzleramtsminister Thorsten Frei ruft in der Debatte dagegen zur Differenzierung auf. Er sprach sich im Deutschlandfunk dafür aus, sowohl nach den Personengruppen zu unterscheiden als auch zwischen den Regionen in dem vom Bürgerkrieg gezeichneten Land. Dass ein Leben in Würde nicht möglich sei, könne man aus seiner Sicht nicht für ganz Syrien sagen, so Frei: „Es scheint dort sehr ungleiche Situationen zu geben.“
Der CDU-Politiker stellte heraus: „Wir möchten, dass Syrien stabilisiert wird. Und wir möchten, dass eine Rückkehr der Menschen nach Syrien möglich ist.“ Der Chef des Kanzleramts sagte, zunächst werde über sogenannte Gefährder und Straftäter entschieden. Hinzu kämen schrittweise „junge Männer arabischer Herkunft, sunnitischer Konfessionszugehörigkeit“, die ganz sicher in Syrien keiner Gefährdung und auch keiner Verelendungsgefahr unterlägen.
Keine „Erkundungsreisen“ nach Syrien erlaubt
Frei sagte, Bundeskanzler Friedrich Merz habe al-Scharaa nach Berlin eingeladen, um über die Rückkehr von Syrerinnen und Syrern sowie den Wiederaufbau des Landes zu sprechen. „Auf Arbeitsebene passiert das bereits seit dem Sommer“, so der Kanzleramtsminister.
Die ehemalige Ampel-Regierung hatte überlegt, sogenannte Erkundungsreisen für syrische Flüchtlinge zu ermöglichen, um eine mögliche Rückkehr vorzubereiten. Das Bundesinnenministerium von Alexander Dobrindt (CSU) hat dagegen kürzlich entschieden, solche Reisen nicht zu erlauben. Sollten syrische Flüchtlinge also in ihre alte Heimat reisen, riskieren sie ihren Schutzstatus.
Stabilisierung soll Voraussetzungen zur Rückkehr schaffen
Bezüglich der parteiinternen Debatte sprach CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann im Bericht aus Berlin in der ARD von einem „Scheinkonflikt“. Dobrindt und Wadephul seien derselben Meinung: „Wir schieben ab, wir müssen natürlich die Straftäter abschieben.“
Auch Regierungssprecher Stefan Kornelius sagte der Bild-Zeitung, die Bundesregierung arbeite an der schnellen Stabilisierung Syriens, um die Voraussetzung für die Rückkehr von Flüchtlingen zu schaffen. „Stabilisierung und Rückkehr sind zwei Seiten einer Medaille.“ Gleichzeitig sei es für die Bundesregierung „unzweifelhaft, dass schwere Straftäter abgeschoben werden sollen, so wie es der Außenminister in Damaskus auch klar gesagt hat“.
			








                
