Fünf Fragen an Florian Lanz, Pressesprecher der GKV Psychotherapeutische Leistungen – Wie gut sind wir versorgt?
Berlin · Immer wieder sind fehlende Therapieplätze ein Thema. Doch der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) sieht ein anderes Problem. Nicht die Anzahl, sondern der Zugang zu therapeutischen Angeboten müsse verbessert werden.
Die Debatte um mangelnde Therapieplätze ist laut GKV fehlgeleitet.
Foto: picture alliance / dpa Themendie/Christin Klose
Seit Langem beklagen Verbände von Psychotherapeuten, es gäbe zu wenig Kassensitze – gerade in ländlichen Gebieten und für Kinder und Jugendliche. Das Problem scheint bekannt und die Lösung damit auch: ein größeres Angebot an Therapieplätzen. Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) sieht das jedoch anders. Gerade im internationalen Vergleich stehe Deutschland sehr gut da, sagt Florian Lanz, Pressesprecher der GKV, im Gespräch mit unserer Redaktion. Es gebe eine Vielzahl von qualitativen Versorgungsangeboten. „Psychotherapie ist in der gesetzlichen Krankenversicherung eine Pflichtleistung“, betont Lanz. Diese könne direkt und ohne vorherige Konsultation oder Überweisung in Anspruch genommen werden, im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern wie den Niederlanden oder Großbritannien. „Die Kosten für eine psychotherapeutische Behandlung (bis zu 300 Therapiestunden) werden vollständig und ohne Eigenbeteiligung von der GKV übernommen“, so Lanz. Auch dieses Kontingent sei in anderen Ländern deutlich niedriger.
Vergabe soll nach Dringlichkeit gehen
Doch das reicht anscheinend nicht aus. Auch wenn es in Deutschland verhältnismäßig leicht sei, einen Therapieplatz zu erhalten, sieht Lanz Patientengruppen, für die der Zugang zu ambulanten Angeboten schwieriger sei. Dazu würden vor allem Menschen gehören, die an schweren psychischen Erkrankungen leiden. Sie bräuchten mehr Unterstützung und Orientierung, zum Beispiel durch Terminservicestellen. „Zukünftig muss eine angemessene Anzahl an Sprechstunden und die Hälfte der Behandlungsplätze von Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten an die Terminservicestellen gemeldet und dann nach Dringlichkeit vergeben werden“, so Lanz.
Für ihn kommen in der Debatte um die vermeintlich knappen Therapieplätze zudem alternative Angebote oft zu kurz: „Wir haben sehr gute Versorgungsangebote für Menschen mit psychischen Erkrankungen – sowohl von der GKV als auch über andere freie und öffentliche Träger.“ Dazu gehörten Versorgungsformen wie die psychotherapeutische Gruppentherapie, „die erwiesenermaßen genauso wirksam wie Einzeltherapie ist und zudem soziale Interaktion übt und verstärkt“. Hier würde sich die GKV sowohl ein größeres Angebot als auch eine höhere Nachfrage wünschen. An zu wenig Therapeuten liege es zumindest nicht: „Die rund 40.000 Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten sind inzwischen nach der Hausärzteschaft die zweitgrößte Facharztgruppe in der ambulanten Versorgung“, so Lanz. „Seit dem Jahr 2013 beträgt der Anstieg 55 Prozent.“ Doch auch die Zahl der Patienten sei um über 60 Prozent gestiegen, unter anderem wegen einer zunehmenden Sensibilisierung gegenüber psychischen Erkrankungen.
Keine Transparenz über Wartezeiten
Laut Befragungen von Therapeutinnen und Therapeuten müssen Patienten durchschnittlich vier bis sechs Monate auf einen Therapieplatz warten und das, obwohl laut Zahlen der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) nur 18,9 Prozent der Betroffenen einen Behandler kontaktieren. Auch das sieht die GKV anders. „Es gibt weder Transparenz über Wartezeiten noch über die tatsächliche Auslastung der psychotherapeutischen Praxen“, sagt Lanz. Auch eine Einhaltung von mindestens 25 Sprechstunden pro Woche würde nicht transparent nachgewiesen. „Somit wissen wir nicht, ob die vorhandenen Kapazitäten für GKV-Patientinnen und -Patienten vollumfänglich ausgeschöpft werden.“
Fünf Fragen an Florian Lanz, Pressesprecher der GKV Psychotherapeutische Leistungen – Wie gut sind wir versorgt?
Berlin · Immer wieder sind fehlende Therapieplätze ein Thema. Doch der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) sieht ein anderes Problem. Nicht die Anzahl, sondern der Zugang zu therapeutischen Angeboten müsse verbessert werden.
Die Debatte um mangelnde Therapieplätze ist laut GKV fehlgeleitet.
Foto: picture alliance / dpa Themendie/Christin Klose
Seit Langem beklagen Verbände von Psychotherapeuten, es gäbe zu wenig Kassensitze – gerade in ländlichen Gebieten und für Kinder und Jugendliche. Das Problem scheint bekannt und die Lösung damit auch: ein größeres Angebot an Therapieplätzen. Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) sieht das jedoch anders. Gerade im internationalen Vergleich stehe Deutschland sehr gut da, sagt Florian Lanz, Pressesprecher der GKV, im Gespräch mit unserer Redaktion. Es gebe eine Vielzahl von qualitativen Versorgungsangeboten. „Psychotherapie ist in der gesetzlichen Krankenversicherung eine Pflichtleistung“, betont Lanz. Diese könne direkt und ohne vorherige Konsultation oder Überweisung in Anspruch genommen werden, im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern wie den Niederlanden oder Großbritannien. „Die Kosten für eine psychotherapeutische Behandlung (bis zu 300 Therapiestunden) werden vollständig und ohne Eigenbeteiligung von der GKV übernommen“, so Lanz. Auch dieses Kontingent sei in anderen Ländern deutlich niedriger.
Vergabe soll nach Dringlichkeit gehen
Doch das reicht anscheinend nicht aus. Auch wenn es in Deutschland verhältnismäßig leicht sei, einen Therapieplatz zu erhalten, sieht Lanz Patientengruppen, für die der Zugang zu ambulanten Angeboten schwieriger sei. Dazu würden vor allem Menschen gehören, die an schweren psychischen Erkrankungen leiden. Sie bräuchten mehr Unterstützung und Orientierung, zum Beispiel durch Terminservicestellen. „Zukünftig muss eine angemessene Anzahl an Sprechstunden und die Hälfte der Behandlungsplätze von Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten an die Terminservicestellen gemeldet und dann nach Dringlichkeit vergeben werden“, so Lanz.
Für ihn kommen in der Debatte um die vermeintlich knappen Therapieplätze zudem alternative Angebote oft zu kurz: „Wir haben sehr gute Versorgungsangebote für Menschen mit psychischen Erkrankungen – sowohl von der GKV als auch über andere freie und öffentliche Träger.“ Dazu gehörten Versorgungsformen wie die psychotherapeutische Gruppentherapie, „die erwiesenermaßen genauso wirksam wie Einzeltherapie ist und zudem soziale Interaktion übt und verstärkt“. Hier würde sich die GKV sowohl ein größeres Angebot als auch eine höhere Nachfrage wünschen. An zu wenig Therapeuten liege es zumindest nicht: „Die rund 40.000 Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten sind inzwischen nach der Hausärzteschaft die zweitgrößte Facharztgruppe in der ambulanten Versorgung“, so Lanz. „Seit dem Jahr 2013 beträgt der Anstieg 55 Prozent.“ Doch auch die Zahl der Patienten sei um über 60 Prozent gestiegen, unter anderem wegen einer zunehmenden Sensibilisierung gegenüber psychischen Erkrankungen.
Keine Transparenz über Wartezeiten
Laut Befragungen von Therapeutinnen und Therapeuten müssen Patienten durchschnittlich vier bis sechs Monate auf einen Therapieplatz warten und das, obwohl laut Zahlen der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) nur 18,9 Prozent der Betroffenen einen Behandler kontaktieren. Auch das sieht die GKV anders. „Es gibt weder Transparenz über Wartezeiten noch über die tatsächliche Auslastung der psychotherapeutischen Praxen“, sagt Lanz. Auch eine Einhaltung von mindestens 25 Sprechstunden pro Woche würde nicht transparent nachgewiesen. „Somit wissen wir nicht, ob die vorhandenen Kapazitäten für GKV-Patientinnen und -Patienten vollumfänglich ausgeschöpft werden.“