Bestattungen in Rheinland-Pfalz
„Sie sind Totengräber der Friedhöfe“ – Erstes Bundesland erlaubt es Asche im Garten zu verstreuen
Stand: 22:03 UhrLesedauer: 3 Minuten
Was soll nach meinem Tod passieren? Die Asche verstreuen? Die Urne dem Partner geben? Oder doch eine Sarg-Bestattung? Rheinland-Pfälzer können sich jetzt mehr Wünsche erfüllen als andere Bundesbürger.
Rheinland-Pfalz hat sein Bestattungsrecht so weit geöffnet wie kein anderes Bundesland in Deutschland. Der Landtag hat dafür mit den Stimmen der regierungstragenden Ampel-Fraktionen sowie der oppositionellen AfD eine Neufassung des Bestattungsgesetzes verabschiedet – nach rund 40 Jahren. Die CDU und die Gruppe der Freien Wähler stimmten nach kontroverser Debatte gegen das Gesetz.
CDU: Minister ist Totengräber der Friedhöfe
„Herr Minister, Sie sind der Totengräber unserer Friedhöfe“, kritisierte der CDU-Abgeordnete Christoph Gensch in der Debatte. „Wir geben Menschen Halt und Würde ohne jemandem vorzuschreiben, was für ihn würdevoll ist“, sagte dagegen Gesundheitsminister Clemens Hoch (SPD).
Fluss- und Tuchbestattungen werden mit dem Gesetz ermöglicht, aus der Asche Verstorbener dürfen Diamanten hergestellt werden, die Asche kann bei Zustimmung des Eigentümers auch unter einem Apfelbaum verstreut oder in der Urne zu Hause aufbewahrt werden.
Urnen dürften aber nicht auf Privatflächen vergraben oder die Asche irgendwo – etwa im Landtag – verstreut werden, betonte Hoch. Und: „Der ungeliebte Ehemann wird nicht einfach irgendwie weggetan, sondern er muss das vorher festlegen.“
Menschen müssen vor ihrem Tod ihren Wunsch festlegen
Voraussetzung für die neuen Möglichkeiten sei: Die Menschen müssen Rheinland-Pfälzer sein und schriftlich vor dem Tod ihren Wunsch niederlegen. Sie müssten auch mit jemandem darüber sprechen, der dann die Verantwortung für die Totenfürsorge übernehme.
Die Novelle solle Anfang Oktober in Kraft treten, kündigte Hoch an. Die Verordnung für Flussbestattungen werde noch etwas länger brauchen.
Heftige Kritik kam von der CDU. „Das geht uns zu weit“, sagte der CDU-Abgeordnete Gensch. Arme Menschen verschwänden künftig schneller aus dem Gedächtnis, „sie haben keinen Ort mehr, der den Tod überdauert“.
Kam die Gesetzesnovelle zu schnell?
Auch Lisa-Marie Jeckel von der Gruppe der Freien Wähler forderte mehr Zeit für die Novellierung des „halbfertigen“ Gesetzes. „Das ist keine Freiheit, das ist Beliebigkeit.“
Die Vorschläge seien schon vor rund neun Monaten erstmals unterbreitet worden, entgegnete Hoch. Er erhoffe sich von dem Gesetz nicht nur, dass in den Familien über Bestattungsformen gesprochene werde, sondern auch über Patientenverfügung, Vorsorgevollmachten, Testamente und Organspenden.
Viele Friedhöfe seien so gestaltet, dass Menschen sie weiter als attraktiv empfänden, sagte Hoch zur Kritik der CDU. „Friedhöfe sind nichts Statisches, sondern was wir miteinander prägen.“
Sternenkinder dürfen beerdigt werden
Die Zustimmung aller Fraktionen fand die Regelung, nach der künftig sogenannte Sternenkinder beerdigt werden können, auch gemeinsam mit einem gleichzeitig verstorbenen Elternteil. Gemeint sind ungeborene Kinder, die vor der 24. Schwangerschaftswoche sterben oder die mit weniger als 500 Gramm tot auf die Welt kommen.
Eingeführt wird auch eine Obduktionspflicht für Kinder bis zum sechsten Lebensjahr, wenn die Ursache ihres Todes nicht zweifelsfrei geklärt ist.
Die Ausgabe von Teilen der Asche aus einer Urne ist Bestattern vorbehalten. Wenn Asche übrig ist, etwa nach der Fertigung eines Diamanten oder nach einer Flussbestattung, muss sie in der Regel auf einem Friedhof bestattet werden.
Verstorbene können künftig auch am offenen Sarg verabschiedet werden, entweder beim Bestattungsunternehmen oder bei der Bestattungsfeier.
Für Soldaten, die im Auslandseinsatz gestorben sind, soll es dauerhafte Ehrengräber geben.
dpa/rct