Griechenland Tavernen-Tour auf Kreta
Wer die größte griechische Insel so richtig kennenlernen möchte, sollte Tavernen im Inneren der Insel besuchen.
Jannis Somarakis liebt es, mit Freunden vor seiner Taverne den Gästen griechische Weisen zu spielen.
Foto: Jürgen Hoffmann
Dunkel ist es in der Taverne. Auf den Tischen im steinernen Gemäuer stehen Kerzen, Strom gibt es hier nicht. Auch keine Speisenkarte. Gegessen wird, was auf den Tisch kommt. Wir bekommen Brot, Tzatziki, Rote Bete, Zwieback mit Tomaten, Gamopilafo, geschmortes Ziegenfleisch und und und. Kretische Küche zubereitet auf Gasherden. Den lokalen Wein zapfen sich die Gäste selber aus Holzfässern an der Wand. „Nehmt euch so viel ihr wollt“, sagt Jannis Somarakis, der Chef. Mit seinem riesigen weißen Bart erinnert er an Zeus, den Göttervater aus der griechischen Mythologie. Ein Abend in seinem urigen, fensterlosen Kellergewölbe ist ein Erlebnis. Jeder Gast zahlt pauschal 25 Euro. Nachtisch und Raki gehen aufs Haus. Nur finden muss man diesen ungewöhnlichen Ort erst einmal.
Kreta. Etwa 20 Kilometer südlich von der Hauptstadt Heraklion liegt das beschauliche Bergdorf Kyparissi. Die Anreise ist ein kleines Abenteuer: Zuerst geht es Richtung Venerato und zum Kloster Paliani, eines der ältesten der Insel. Vorbei an Sinapi führt die Strecke nach Pyrgos und schließlich nach Kyparissi. Kein Schild. Gleich hinter dem Ortseingang geht es nach links, dann nach rechts. Am Ende einer kleinen abfallenden Straße, kurz vor dem Ortsausgang, findet sich auf der linken Seite eine unscheinbare Holztür in einem schlichten Wohnhaus: Gianni’s Taverne. Tipp: Reservieren, denn nicht jeden Tag ist sie geöffnet.
Niemand im Dorf hat an Jannis geglaubt, als dieser vor Jahren im Keller seines Elternhauses, wo er immer noch mit seiner Familie lebt, eine kleine Küche installieren ließ. Tische und Stühle wurden angeliefert, Weinfässer aufgereiht. Die Idee: Ein Ort, in dem jeder Gast das Gleiche zahlt und so viel essen und trinken kann, wie er will. Der Treffpunkt wurde zum Geheimtipp. Jannis hat seither nichts verändert. Und so ist seine Taverne eine einzigartige Kombination aus authentischer kretischer Küche, rustikalem Charme, herzlicher Gastfreundschaft und Live-Musik. Denn das ist neben seiner Liebe zum Theater – 2003 gründete er auf Kreta sein eigenes – die zweite Leidenschaft von Jannis. Fast jeden Abend setzt er sich irgendwann vor seine Taverne, um mit zwei, drei Freunden auf der Lyra, eine dreisaitige Fiedel, und dem Laouto, eine Langhalslaute, kretische Weisen vorzutragen. Dabei wird philosophiert und „die verrückt gewordene Welt“, wie Jannis sagt, gedanklich wieder geradegerückt.
Die Atmosphäre in der Taverne von Jannis ist einmalig – die lokalen Gerichte sind es auch.
Foto: Jürgen Hoffmann
Wer das echte Kreta kennenlernen will, muss dorthin gehen, wo die Einheimischen essen. Das sind die kleinen Tavernen im Inselinneren. Hier sitzt man mit Dorfbewohnern an einem einfachen Holztisch, trinkt Wein aus dem Fass und teilt sich Meze, kleine, traditionelle Gerichte, die meist mit viel Liebe und aus lokalen Zutaten zubereitet werden. Diese speziellen Vorspeisen sind Ausdruck der Gastfreundschaft und des geselligen Beisammenseins. In jedem Dorf auf Kreta schmecken sie anders, denn jedes Haus hat seine eigenen Rezepte und Spezialitäten. Natürlich auch die Taverna Kastro von Nikos Stathakis. Das charmante, familiengeführte Restaurant im Dorf Mesi, etwa zehn Minuten mit dem Auto von Rethymno entfernt, bietet ein authentisches kulinarisches Erlebnis mit Blick auf die Berge und das Meer. Empfehlung: gefüllte Weinblätter, in Olivenöl geschwenkte Wildkräuter und in Ton gegartes herzhaftes Lamm.
Apropos Lamm: Wer zartes Lamm- oder Ziegenfleisch in Tomatensauce geschmort probieren möchte, sollte Emily’s Taverne in Zourva besuchen. Hier wird noch auf Holzofen gekocht. Lecker sind auch Zucchini mit Füllung und selbstgemachter Ziegenkäse. Alte Holzöfen sind auch im Haus von Stelios Trilyrakis in Drakona, östlich von Therisso in Keramia, das Geheimnis für die großartige Küche. Außerdem stammen die meisten Zutaten vom Familienbauernhof. Sogar das Brot wird hier noch von Hand gebacken. Und schließlich ist auch das verschlafene Dorf Maza in der Region Apokoronas, etwa 30 Minuten östlich von Chania, einen Abstecher wert. Der Grund: Costas Taverna. Sie befindet sich gegenüber der byzantinischen Kirche Agios Nikolaos, die für ihre Fresken aus dem Jahr 1326 bekannt ist. Costas und seine Frau Voula bringen täglich frisch zubereitete Gerichte auf den Holztisch, deren Zutaten aus dem eigenen Garten oder von benachbarten Produzenten stammen.
Ein ganz besonderer Ort auf Kreta ist Mochos, ein pittoreskes Bergdorf im Nordosten der Insel, 15 Minuten entfernt von Malia. Rund um den malerischen Marktplatz befindet sich eine Taverne neben der anderen. Die meisten sind typische griechische Farm-to-Table-Restaurants, die ihre Lebensmittel direkt von lokalen Bauernhöfen beziehen und auf saisonale, frische und regional angebaute Produkte achten. Beispiel: das Portego. Besonders empfehlenswert ist hier das Saganaki, ein typisch griechisches Gericht, das aus gebratenem oder frittiertem Käse besteht, oft Feta, und in einer kleinen Pfanne serviert wird. Übrigens: Zwischen Juni und September findet auf dem Marktplatz jeden Mittwoch die Kreta-Nacht statt. Dann verzaubern historische Kostüme und griechische Musik fast jeden Touristen. Und am Ende des Abends tanzt so mancher Fremder zusammen mit dem Dorfbewohnern Sirtaki. Griechische Lebensfreude pur. Michelle Landers lebt seit April in Mochos. Die 23-jährige Oberhausenerin ist zusammen mit ihrem Freund ausgewandert. Ein Grund für sie: „In den Bergen Kretas redet kein Mensch von Work-Life-Balance, hier lebt man traditionell in einem harmonischen Ausgleich zwischen den Anforderungen des Berufslebens und den Bedürfnissen des Privatlebens.“
Griechenland Tavernen-Tour auf Kreta
Wer die größte griechische Insel so richtig kennenlernen möchte, sollte Tavernen im Inneren der Insel besuchen.
Jannis Somarakis liebt es, mit Freunden vor seiner Taverne den Gästen griechische Weisen zu spielen.
Foto: Jürgen Hoffmann
Dunkel ist es in der Taverne. Auf den Tischen im steinernen Gemäuer stehen Kerzen, Strom gibt es hier nicht. Auch keine Speisenkarte. Gegessen wird, was auf den Tisch kommt. Wir bekommen Brot, Tzatziki, Rote Bete, Zwieback mit Tomaten, Gamopilafo, geschmortes Ziegenfleisch und und und. Kretische Küche zubereitet auf Gasherden. Den lokalen Wein zapfen sich die Gäste selber aus Holzfässern an der Wand. „Nehmt euch so viel ihr wollt“, sagt Jannis Somarakis, der Chef. Mit seinem riesigen weißen Bart erinnert er an Zeus, den Göttervater aus der griechischen Mythologie. Ein Abend in seinem urigen, fensterlosen Kellergewölbe ist ein Erlebnis. Jeder Gast zahlt pauschal 25 Euro. Nachtisch und Raki gehen aufs Haus. Nur finden muss man diesen ungewöhnlichen Ort erst einmal.
Kreta. Etwa 20 Kilometer südlich von der Hauptstadt Heraklion liegt das beschauliche Bergdorf Kyparissi. Die Anreise ist ein kleines Abenteuer: Zuerst geht es Richtung Venerato und zum Kloster Paliani, eines der ältesten der Insel. Vorbei an Sinapi führt die Strecke nach Pyrgos und schließlich nach Kyparissi. Kein Schild. Gleich hinter dem Ortseingang geht es nach links, dann nach rechts. Am Ende einer kleinen abfallenden Straße, kurz vor dem Ortsausgang, findet sich auf der linken Seite eine unscheinbare Holztür in einem schlichten Wohnhaus: Gianni’s Taverne. Tipp: Reservieren, denn nicht jeden Tag ist sie geöffnet.
Niemand im Dorf hat an Jannis geglaubt, als dieser vor Jahren im Keller seines Elternhauses, wo er immer noch mit seiner Familie lebt, eine kleine Küche installieren ließ. Tische und Stühle wurden angeliefert, Weinfässer aufgereiht. Die Idee: Ein Ort, in dem jeder Gast das Gleiche zahlt und so viel essen und trinken kann, wie er will. Der Treffpunkt wurde zum Geheimtipp. Jannis hat seither nichts verändert. Und so ist seine Taverne eine einzigartige Kombination aus authentischer kretischer Küche, rustikalem Charme, herzlicher Gastfreundschaft und Live-Musik. Denn das ist neben seiner Liebe zum Theater – 2003 gründete er auf Kreta sein eigenes – die zweite Leidenschaft von Jannis. Fast jeden Abend setzt er sich irgendwann vor seine Taverne, um mit zwei, drei Freunden auf der Lyra, eine dreisaitige Fiedel, und dem Laouto, eine Langhalslaute, kretische Weisen vorzutragen. Dabei wird philosophiert und „die verrückt gewordene Welt“, wie Jannis sagt, gedanklich wieder geradegerückt.
Die Atmosphäre in der Taverne von Jannis ist einmalig – die lokalen Gerichte sind es auch.
Foto: Jürgen Hoffmann
Wer das echte Kreta kennenlernen will, muss dorthin gehen, wo die Einheimischen essen. Das sind die kleinen Tavernen im Inselinneren. Hier sitzt man mit Dorfbewohnern an einem einfachen Holztisch, trinkt Wein aus dem Fass und teilt sich Meze, kleine, traditionelle Gerichte, die meist mit viel Liebe und aus lokalen Zutaten zubereitet werden. Diese speziellen Vorspeisen sind Ausdruck der Gastfreundschaft und des geselligen Beisammenseins. In jedem Dorf auf Kreta schmecken sie anders, denn jedes Haus hat seine eigenen Rezepte und Spezialitäten. Natürlich auch die Taverna Kastro von Nikos Stathakis. Das charmante, familiengeführte Restaurant im Dorf Mesi, etwa zehn Minuten mit dem Auto von Rethymno entfernt, bietet ein authentisches kulinarisches Erlebnis mit Blick auf die Berge und das Meer. Empfehlung: gefüllte Weinblätter, in Olivenöl geschwenkte Wildkräuter und in Ton gegartes herzhaftes Lamm.
Apropos Lamm: Wer zartes Lamm- oder Ziegenfleisch in Tomatensauce geschmort probieren möchte, sollte Emily’s Taverne in Zourva besuchen. Hier wird noch auf Holzofen gekocht. Lecker sind auch Zucchini mit Füllung und selbstgemachter Ziegenkäse. Alte Holzöfen sind auch im Haus von Stelios Trilyrakis in Drakona, östlich von Therisso in Keramia, das Geheimnis für die großartige Küche. Außerdem stammen die meisten Zutaten vom Familienbauernhof. Sogar das Brot wird hier noch von Hand gebacken. Und schließlich ist auch das verschlafene Dorf Maza in der Region Apokoronas, etwa 30 Minuten östlich von Chania, einen Abstecher wert. Der Grund: Costas Taverna. Sie befindet sich gegenüber der byzantinischen Kirche Agios Nikolaos, die für ihre Fresken aus dem Jahr 1326 bekannt ist. Costas und seine Frau Voula bringen täglich frisch zubereitete Gerichte auf den Holztisch, deren Zutaten aus dem eigenen Garten oder von benachbarten Produzenten stammen.
Ein ganz besonderer Ort auf Kreta ist Mochos, ein pittoreskes Bergdorf im Nordosten der Insel, 15 Minuten entfernt von Malia. Rund um den malerischen Marktplatz befindet sich eine Taverne neben der anderen. Die meisten sind typische griechische Farm-to-Table-Restaurants, die ihre Lebensmittel direkt von lokalen Bauernhöfen beziehen und auf saisonale, frische und regional angebaute Produkte achten. Beispiel: das Portego. Besonders empfehlenswert ist hier das Saganaki, ein typisch griechisches Gericht, das aus gebratenem oder frittiertem Käse besteht, oft Feta, und in einer kleinen Pfanne serviert wird. Übrigens: Zwischen Juni und September findet auf dem Marktplatz jeden Mittwoch die Kreta-Nacht statt. Dann verzaubern historische Kostüme und griechische Musik fast jeden Touristen. Und am Ende des Abends tanzt so mancher Fremder zusammen mit dem Dorfbewohnern Sirtaki. Griechische Lebensfreude pur. Michelle Landers lebt seit April in Mochos. Die 23-jährige Oberhausenerin ist zusammen mit ihrem Freund ausgewandert. Ein Grund für sie: „In den Bergen Kretas redet kein Mensch von Work-Life-Balance, hier lebt man traditionell in einem harmonischen Ausgleich zwischen den Anforderungen des Berufslebens und den Bedürfnissen des Privatlebens.“