
Stand: 20.10.2025 05:17 Uhr
Die Erkältungszeit ist da und überall wird geniest – mal kaum hörbar, mal so richtig laut. Doch warum klingt kein Nieser wie der andere? Und was hat es mit dem Geschlecht zu tun?
Von Valeria Dobralskaya, tagesschau.de
Ein Niesen (Latein: sternutio) ist ein unwillkürlicher, explosionsartiger Ausstoß von Luft durch Nase und Mund. Meist wird es durch eine Reizung der Nasenschleimhaut ausgelöst, seltener durch plötzliche Lichteinwirkung – und in Einzelfällen sogar durch sexuelle Erregung.
Durch den Reiz werden Signale über den Trigeminusnerv ans Stammhirn gesendet. Dieses aktiviert Muskeln im Gesicht, Hals und Brustkorb. Das Zwerchfell zieht sich zusammen, wir holen tief Luft. Der Kopf neigt sich nach hinten, die Stimmritze im Kehlkopf schließt sich kurzzeitig, in der Lunge baut sich Druck auf – HATSCHI!
Die Anatomie des Niesens
Wie laut das war, hängt von mehreren Faktoren ab. Eine zentrale Rolle spielt die Größe des Resonanzraums. „Die gängige Lehrmeinung ist, dass der Resonanzraum bei Männern in der Regel größer ist, weil ihre Lungen, Rachen und Kehlkopf mehr Volumen aufweisen“, erklärt Christian Betz, Leiter der Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. „Daher fällt das männliche Niesen häufig lauter aus.“
Neben physiologischen Unterschieden könnten jedoch auch Verhaltensmuster eine Rolle spielen, meint Betz. „Ich vermute – und das ist eher eine Beobachtung als eine gesicherte Erkenntnis -, dass manche Männer auch absichtlich besonders laut niesen, um ihre Erkältung kundzutun. Das sagt man ja Männern bisweilen nach.“
Das lässt sich allerdings nicht durch Studien belegen. Bei ausreichender Konzentration könne man, so Betz, Einfluss auf die Intensität und Lautstärke des Niesens nehmen – und das könnten Männer ebenso wie Frauen.
Kann man leiser niesen lernen?
Leiser niesen mag höflich sein, sei aber biologisch nicht sinnvoll, erklärt HNO-Facharzt Betz. „Evolutionär betrachtet ist Niesen ein sehr egoistischer Prozess.“ Dabei gehe es nicht darum, andere zu schonen, sondern darum, sich selbst zu schützen. Der Körper versuche Fremdstoffe wie Staub oder Krankheitserreger mit hohem Druck aus den Atemwegen zu schleudern.
Wird das Niesen absichtlich unterdrückt oder zu stark gedämpft, könne das diesen Reinigungsmechanismus behindern. „Eigentlich sollte man so niesen, wie es über einen kommt – damit alles, was raus muss, auch wirklich rauskommt“, sagt Betz.
Schadet es, Nieser zu unterdrücken?
Aus Rücksicht versuchen manche Menschen, das Niesen ganz zu unterdrücken – etwa indem sie sich die Nase zuhalten. Doch das kann für den Körper negative Folgen haben. Die beim Niesen ausgestoßene Luft erreicht Geschwindigkeiten von 160 bis 180 Stundenkilometern – vergleichbar mit der Stärke eines Orkans. Wird dabei die Nase verschlossen, baut sich hoher Druck auf, der sich nach innen entlädt.
Dabei kann es zu Einrissen in der Nasenschleimhaut kommen; Krankheitserreger oder Fremdkörper können in die Nasennebenhöhlen oder bis ins Mittelohr gepresst werden. Schmerzhafte Entzündungen oder Schäden am Trommelfell können die Folge sein. Man sollten das Niesen also nicht gänzlich unterdrücken.
Was man sonst beachten sollte
Beim Niesen schleudern wir Tröpfchen mit möglichen Krankheitserregern durch die Luft. Forschende des Massachusetts Institute of Technology haben herausgefunden, dass diese viel weiter fliegen können als bisher angenommen – nicht nur zwei, sondern bis zu zwölf Meter oder mehr. So können Erreger durch ganze Räume und darüber hinaus transportiert werden.
Christian Betz rät davon ab, Niesen bei einer Erkältung zu unterdrücken. Stattdessen sollte man sich – soweit möglich – lieber etwas zurückzuziehen. Wenn der Niesreiz jedoch nur selten auftritt, könne das an trockener Luft liegen – dann helfe es, die Luftfeuchtigkeit zu erhöhen oder die Nase zu befeuchten – zum Beispiel durch ein Nasenspray mit Meerwasser.