analyse
Minister mit Mission Klingbeils Charme-Offensive in China
Stand: 19.11.2025 18:52 Uhr
Außenminister Wadephul hatte seine Reise nach Verstimmungen mit Peking verschoben. Kanzler Merz wirft China „aggressives Verhalten“ vor. Finanzminister Klingbeil setzt bei seinem Besuch nun auf Dialog.
Fast wie ein Mantra hat es Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) bei seinem Besuch wiederholt. Man müsse mit China im Dialog bleiben – oder, wie er es am ersten Tag in Peking formuliert: „Es ist besser mit China zu sprechen als über China.“
Zu diesem Zeitpunkt hatte Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) gerade auf dem Wirtschaftskongress der Süddeutschen Zeitung über China gesagt, die Führung dort „tritt nach innen immer repressiver und nach außen immer aggressiver“ auf.
Partner, Wettbewerber und systemischer Rivale – so wird China in einem Strategiepapier der Bundesregierung bezeichnet, einem Erbstück der Ampelkoalition. Das lässt Spielraum für Interpretation.
Zwischenzeitlich frostige Beziehungen
Es ist nun SPD-Minister und Kanzler-Stellvertreter Klingbeil, der als erster hochrangiger Besucher der neuen Bundesregierung vor Ort den Ton setzt – auch wenn er sagt, alles sei mit der gesamten Bundesregierung und europäischen Partnern abgestimmt.
Der Grund dafür, dass Klingbeil die Vorhut bildet: Ende Oktober waren die deutsch-chinesischen Beziehungen kurz frostig geworden. Außenminister Johann Wadephul (CDU) hatte seine Reise kurzfristig auf unbestimmte Zeit verschoben, nachdem bis kurz vor Abflug viele wichtige Gesprächstermine nicht bestätigt worden waren. Das wollte er sich offenbar nicht bieten lassen.
Die chinesische Führung hatte sich kurz zuvor darüber verstimmt gezeigt, dass Wadephul bei einem Besuch in Japan China „zunehmend aggressives Verhalten“ in der Straße von Taiwan und im Südchinesischen Meer vorgeworfen hatte.
Von solchen Tönen war bei Klingbeils Besuch nichts mehr zu hören. „China ist offen für Zusammenarbeit“, so Klingbeils Fazit seiner dreitägigen Reise. Bei den Treffen mit hochrangigen Vertretern der kommunistischen Führung ging es um viele strittige Fragen, auch um eine verlässliche Versorgung mit wichtigen Rohstoffen, den Seltenen Erden.
Die deutsche Industrie wird vor allem interessieren, ob sich Klingbeils Optimismus in diesem Punkt bewahrheitet. China hat für wichtige Komponenten aus Seltenen Erden Exportkontrollen erlassen. Die sind eine mächtige Waffe in Handelskonflikten, weil China bei vielen Bauteilen aus Seltenen Erden nahezu ein Monopol hat.
Und in Deutschland sind viele Hersteller von Hightechprodukten im Maschinenbau, in der Auto- und Rüstungsindustrie davon abhängig. Ohne Seltene Erden drohen in vielen Unternehmen die Bänder still zu stehen. Lieferstopps für Seltenen Erden hat China auch erfolgreich im Handelskonflikt mit den USA eingesetzt.
Was China verlangt
Chinas Vize-Premierminister He Lifeng machte in seinem Statement deutlich, was er von der deutschen Seite will: Die Bundesregierung solle sich bei der EU stark machen für bessere Beziehungen zu China.
Hintergrund ist, dass Brüssel die europäische Industrie vor Dumping-Preisen für Stahl und E-Autos „Made in China“ schützen will. Daran stört sich Peking. Denn die chinesische Wirtschaft ist auf Exporte angewiesen. Die kommunistische Führung hat massive Investitionen in Wirtschaftsbereiche wie die Produktion von E-Autos gelenkt, so dass die Produktionskapazitäten die Nachfrage weit übertreffen. Viele chinesische Hersteller müssen exportieren, um zu überleben. Das ist Chinas Achillesferse, im Moment noch.
Den Zugang zum europäischen Markt – das kann Europa in Handelskonflikten noch in die Waagschale werfen. Zumindest so lange, bis China genügend andere Märkte in Asien, Afrika und Südamerika erschlossen hat – ein Zeitfenster für Europa, sich in strategisch wichtigen Bereichen unabhängiger zu machen.
Sollte es wirklich zu verlässlichen Lieferungen bei den Seltenen Erden kommen, wäre die Reise erstmal ein Erfolg für die Charme-Offensive des SPD-Ministers. Klingbeil scheint auf die chinesischen Zusagen zu vertrauen: „Das sagt die chinesische Seite nicht, wenn man das nicht auch so meint“.
Daran wird sich Klingbeil messen lassen müssen.









