
EU-Kapitalmarkt Merz fordert Euro-Börse – Finanzplätze reagieren
Stand: 17.10.2025 11:08 Uhr
Große internationale Unternehmen lassen sich kaum noch an europäischen Börsen listen – sie zieht es vor allem in die USA. Deswegen hat Bundeskanzler Merz eine Euro-Börse ins Spiel gebracht.
Nach einem Plädoyer von Bundeskanzler Friedrich Merz für eine gemeinsame europäische Börse haben gleich mehrere Finanzplätze in der EU Zustimmung signalisiert. „Euronext ist bereit, zur nächsten Ebene der Marktkonsolidierung in Europa beizutragen, um einen größeren Liquiditätspool zur Finanzierung des Wachstums europäischer Unternehmen zu schaffen“, sagte Stéphane Boujnah, Chef des paneuropäischen Aktienmarktbetreibers Euronext, zu dem mittlerweile die Börsen in Amsterdam, Brüssel, Dublin, Lissabon, Mailand, Oslo und Paris gehören.
Merz hatte gestern eine europäische Börsenintegration gefordert. „Wir brauchen eine Art European Stock Exchange, damit erfolgreiche Unternehmen wie zum Beispiel BioNTech aus Deutschland nicht an die New Yorker Börse gehen müssen“, sagte er in seiner Regierungserklärung zum bevorstehenden EU-Gipfel im Bundestag.
Große Firmen zieht es in die USA
In den vergangenen Jahren war die Zahl an Börsengängen in Europa rückläufig. Viele große Firmen wählen für ihren Börsengang die USA, wo deutlich mehr Kapital und eine höhere Marktliquidität auf sie warten.
Die Börsenlandschaft in Europa gilt als stark fragmentiert. An der Frankfurter Börse gab es in diesem Jahr gerade einmal einen Börsengang in der Prime-Standard-Klasse, dem Segment für große, international ausgerichtete Unternehmen.
„Mit über 500 Handelsplätzen hat die EU nicht nur den fragmentiertesten Markt geschaffen, sondern auch den intransparentesten, mit nur rund 30 Prozent des Aktienhandels an transparenten Börsen“, erklärte die Deutsche Börse.
Deutsche Börse gibt sich selbstbewusst
Auch die Deutsche Börse begrüßte die Merz-Forderung nach stärkeren europäischen Kapitalmärkten – und betonte die eigene Rolle. Man sehe sich „als größten paneuropäischen und als globalen Akteur“. Zudem sei man sich der besonderen Rolle und Verantwortung für die europäischen Kapitalmärkte bewusst und habe auch in der Vergangenheit stets europäisch gedacht. „Dabei wurde unser Spielraum jedoch wiederholt durch die Rahmenbedingungen eingegrenzt.“ Die Deutsche Börse machte die Marktfragmentierung für die Verzögerung von Börsengängen in Europa verantwortlich.
Zuspruch kam auch aus dem Bundesfinanzministerium. „Europäische Unternehmen müssen sich stärker als bisher über die europäischen Kapitalmärkte finanzieren können“, sagte eine Sprecherin des SPD-geführten Hauses. „Sie sollen in Europa an die Börse gehen und in Europa wachsen können.“ Deshalb teile man das Ziel eines effizienten, breit aufgestellten europäischen Kapitalmarkts.
Nationale Befindlichkeiten
Eine größere Kooperation zwischen den Börsen in der Europäischen Union wird aber nicht einfach: Gerade zwischen großen EU-Staaten wie Deutschland und Frankreich gibt es harte Konkurrenz um die Dominanz in Sachen Finanzplätze.
Merz hatte bereits im Juni kritisiert, dass der Kapitalmarkt in der EU insgesamt zu zersplittert sei, obwohl man mehr Einwohner als die USA und Kanada zusammen habe. Er wolle erreichen, dass deutsche Firmen künftig nicht in New York an die Börse gehen müssten, sagte Merz, der früher im Aufsichtsrat der Deutschen Börse saß.