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Freigabe russischer Vermögen Was plant die EU und welche Hürden gibt es?
Stand: 18.12.2025 13:39 Uhr
Die EU will eingefrorene russische Vermögen für Ukraine-Darlehen nutzen. Um wieviel Geld geht es dabei? Wer leistet Widerstand gegen den Plan und warum? Ein Überblick.
Was sieht der Plan der EU-Kommission vor?
Geplant ist, der Ukraine einen langfristigen Kredit bereitzustellen. Dafür will sich die EU Geld bei verschiedenen Finanzinstituten leihen, das aus den eingefrorenen russischen Vermögenswerten kommen soll. Das Geld soll dann als sogenannte Reparationsdarlehen an die Ukraine gehen.
Die Ukraine soll diesen Kredit nur dann zurückzahlen müssen, wenn Russland nach einem möglichen Kriegsende Reparationszahlungen leistet. Die müsste die ukrainische Regierung dann auch für die Rückzahlung der Darlehen verwenden. Für den Fall, dass das eingefrorene russische Staatsvermögen zum Beispiel infolge von internationalen Urteilen oder Deals unerwartet wieder freigegeben werden müsste, sollen die beteiligten EU-Staaten Garantien leisten.
Um wieviel Geld geht es?
Allein in der EU sind Berechnungen der EU-Kommission zufolge bis zu 210 Milliarden Euro an russischem Vermögen eingefroren. Das stammt unter anderem von der russischen Zentralbank oder von russischen Organisationen und Privatpersonen, die die EU infolge des Krieges mit Sanktionen belegt hat. Mit etwa 185 Milliarden Euro wird ein Großteil der eingefrorenen Vermögenswerte derzeit von dem internationalen Finanzinstitut Euroclear mit Sitz in Brüssel verwaltet. Weitere rund 25 Milliarden Euro liegen bei anderen Finanzinstituten in Frankreich, Belgien, Deutschland, Zypern und Schweden. Eine sehr kleine Summe hält zudem auch noch der luxemburgische Zentralverwahrer Clearstream.
Allein in den kommenden beiden Jahren sollen den Plänen der EU zufolge rund 90 Milliarden Euro an die Ukraine gehen. Nach Schätzungen des Internationalen Währungsfonds und der EU-Kommission beläuft sich der Finanzbedarf der Ukraine im Zeitraum 2026 bis Ende 2027 auf etwas mehr als 137 Milliarden Euro. Europa will davon zwei Drittel abdecken.
Welche Rolle spielt Belgien im Streit um die Freigabe?
Vor allem Belgien leistet bislang Widerstand gegen den Vorschlag der EU, eben weil das Finanzinstitut Euroclear hier seinen Sitz hat. Darum fürchtet die belgische Regierung rechtliche und finanzielle Risiken. So sieht sie unter anderem die Gefahr, dass Russland Vergeltung gegen europäische Privatpersonen und Unternehmen übt, beispielsweise durch mögliche Enteignungen in Russland. Vor allem fürchtet sie dabei auch um die Existenz des Finanzinstituts Euroclear, das dem belgischen Staat jährlich hohe Steuereinnahmen beschert. Als Risiko wird weiterhin genannt, dass ein Schiedsgericht das Vorgehen als illegale Enteignung wertet und internationale Anleger das Vertrauen in den europäischen Finanzmarkt verlieren.
Trotzdem zeigte sich der belgische Regierungschef Bart de Wever zum Auftakt des EU-Gipfels verhandlungsbereit. Er hatte für die Nutzung russischer Vermögen drei Bedingungen aufgestellt: Demnach muss garantiert sein, dass eine Vergemeinschaftung aller möglichen Risiken erfolgt und ab dem ersten Moment der Umsetzung des Plans ausreichend finanzielle Garantien bestehen, um potenziellen finanziellen Verpflichtungen nachzukommen. Zudem forderte De Wever einen umfassenden Liquiditäts- und Risikoschutz für alle durch den Plan betroffenen Bürger oder Unternehmen und eine Beteiligung aller anderen EU-Länder, in denen ebenfalls noch Vermögenswerte der russischen Zentralbank eingefrorenen wurden.
In Sachen Liquiditätsgarantien blieb de Wever zwar unnachgiebig. Doch er räumte ein, dass es nicht unmöglich sei, dass Belgien bei der gemeinsamen Übernahme von Rechtsrisiken ein klein wenig flexibel sein könne.
Kann die Freigabe ohne Belgien beschlossen werden?
Ja – beim Votum der EU-Mitglieder reicht eine qualifizierte Mehrheit, um den EU-Plan zu beschließen. Allerdings könnte Belgien gegen ein solches Votum klagen. Viele EU-Staaten befürworten den Vorschlag, darunter auch Deutschland. Kurz vor Beginn des EU-Gipfels betonte Bundeskanzler Friedrich Merz nochmals, es gebe „keine bessere Option“ als das Reparationsdarlehen, auch wenn er die Bedenken Belgiens verstehen könne.
Doch es gibt weitere Länder, die sich skeptisch gegenüber der Nutzung der Vermögenswerte gezeigt haben. So hatten Ungarn und die Slowakei damit argumentiert, dass dieser Schritt die Bemühungen um einen Waffenstillstand in der Ukraine gefährden könnten. Italien hatte vor rechtlichen Risiken gewarnt. Kritiker führen zudem an, dass die Gelder nach internationalem Recht nicht genutzt werden dürften, weil sie durch das Prinzip der Staatenimmunität geschützt seien. Dem widersprechen die EU-Kommission und auch Bundeskanzler Merz: Der Plan stehe „in völliger Übereinstimmung mit dem Völkerrecht und den internationalen Verpflichtungen“.









