
Offener Brief vor EU-Gipfel Wissenschaftler fordern ehrgeizigen Klimaschutzplan
Stand: 21.10.2025 16:28 Uhr
Mehr als 2.000 Forschende warnen: Die EU droht sich beim Klimaziel 2040 von der Wissenschaft zu entfernen. Ein ehrgeiziger Plan sei „eine existenzielle Notwendigkeit“ – und biete auch wirtschaftliche Chancen.
Europäische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler rufen die EU in einem offenen Brief dazu auf, an der Wissenschaft und dem Pariser Klimaabkommen festzuhalten. „Die politische Diskussion bewegt sich von den wissenschaftlichen Erkenntnissen weg“, heißt es in dem Brief.
Die EU-Kommission hatte vorgeschlagen, die Emissionen von Treibhausgasen bis 2040 um 90 Prozent im Vergleich zu 1990 zu senken. Ein Teil der Emissionen, die bis 2040 eingespart werden sollen, soll durch international anerkannte Klimazertifikate kompensiert werden dürfen.
„Existenzielle Notwendigkeit“
Die Emissionen um 90 bis 95 Prozent zu reduzieren, sei nicht nur eine politische Entscheidung, sondern eine „existenzielle Notwendigkeit, um Europas Zukunft zu sichern und das Leben der Menschen zu schützen angesichts des zunehmend hohen Risikos, kritische Kipppunkte zu überschreiten“, heißt es in dem offenen Brief an die Entscheiderinnen und Entscheider auf EU-Ebene.
Das Klimaziel sei ohnehin überfällig, schreiben die Forschenden verschiedenster Universitäten und Institutionen, darunter mehrere Hundert Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen aus Deutschland. Bei der anstehenden Weltklimakonferenz im November in Brasilien müsse die EU einen verlässlichen Plan mitbringen und als starker und konstruktiver Player im Klimaschutz auftreten. Eigentlich hätte die EU ihr Ziel bereits im September bei den Vereinten Nationen einreichen sollen.
90-Prozent-Ziel biete auch wirtschaftliche Chancen
Mit Blick auf die Zukunft weisen die Forschenden in ihrem Brief auch auf wirtschaftliche Chancen eines ehrgeizigen Klimaschutzes hin: Bei richtiger Umsetzung könne ein entsprechender Plan dazu beitragen, dass Strompreise sinken, neue Jobs entstehen und Milliarden für fossile Importe eingespart werden könnten – und Europa weniger abhängig von autokratischen Ländern würde.
Außerdem wird ein entsprechendes EU-Ziel von den Forschenden als ein klares positives Signal für Wissenschaft und Menschlichkeit und gegen Falschinformationen gewertet.
Umweltminister Schneider: Deutschland für 90-Prozent-Ziel
Die EU strebt an, bis 2050 der erste klimaneutrale Kontinent zu werden. Dieses Ziel ist im EU-Klimagesetz verankert. Bis dahin gibt es mehrere Zwischenziele, darunter das 90-Prozent-Ziel bis 2040. Der Vorschlag braucht noch die Zustimmung der EU-Staaten und des Europaparlaments, in mehreren Staaten regte sich jedoch deutlicher Widerstand gegen das Ziel.
Bundesumweltminister Carsten Schneider (SPD) stellte sich hinter das von der EU-Kommission vorgeschlagene Klimaziel für 2040 und verwies sowohl auf den Koalitionsvertrag als auch auf nationale Gesetze und die darin verankerte Reduktion der Treibhausgase. Von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hieß es, dass das Thema am Donnerstag beim Klimagipfel der EU-Staats- und Regierungschefs auf Chefebene besprochen werde.