Krieg in der Ukraine: Diplomatie nach Chinas Machtdemonstration

Krieg in der Ukraine Diplomatie nach Chinas Machtdemonstration

Berlin · Das Treffen von Trump und Putin in Alaska ist schon zwei Wochen her, aber eine Zusammenkunft von Putin und Selenskyj ist noch nicht in Sicht. Gleichzeitig gab es eine Machtdemonstration in Peking. Wie geht die Suche nach einem Weg aus dem Ukraine-Krieg weiter?

Der russische Präsident Wladimir Putin, der chinesische Präsident Xi Jinping und der nordkoreanische Machthaber Kim Jong Un nahmen am Mittwoch an einer Militärparade anlässlich des 80. Jahrestages der Kapitulation Japans im Zweiten Weltkrieg teil.

Der russische Präsident Wladimir Putin, der chinesische Präsident Xi Jinping und der nordkoreanische Machthaber Kim Jong Un nahmen am Mittwoch an einer Militärparade anlässlich des 80. Jahrestages der Kapitulation Japans im Zweiten Weltkrieg teil.

Foto: AP/Ng Han Guan

Mitte August kamen US-Präsident Donald Trump und Kremlchef Wladimir Putin in Alaska zusammen, um über Wege aus dem Ukraine-Krieg zu beraten. Danach gab es ein Treffen Trumps mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und europäischen Staats- und Regierungschefs im Weißen Haus. Doch das seither erwartete Treffen von Selenskyj und Putin ist noch immer nicht in Sicht. Stattdessen gab es zuletzt in Peking eine bemerkenswerte Machtdemonstration: Chinas Staatschef Xi Jinping zeigte sich mit seinen Ehrengästen, Kremlchef Putin und Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un, bei einer riesigen Militärparade zum 80. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs.

Dagegen gab es nun am Donnerstag einen neuen Diplomatieversuch: Die sogenannte Koalition der Willigen, etwa 30 überwiegend europäische Staaten, beriet in Paris und per Videoschalte über Sicherheitsgarantien für die Ukraine im Fall eines Waffenstillstands mit Russland.

Machtdarstellung gegen Diplomatie

Was bedeuten all diese widersprüchlichen Signale? Jedenfalls nicht das Ende der Bemühungen, den Ukraine-Konflikt zu lösen. Der Frankfurter Politikwissenschaftler und Mitarbeiter am Leibniz-Institut für Friedens- und Konfliktforschung (PRIF), Sascha Hach, beobachtet auf verschiedenen Ebenen Aktivitäten auf hohem Niveau. Fast täglich gebe es Sondierungen zwischen den USA und den verschiedenen Parteien.

Und die gigantische chinesische Waffenschau? „Mit der großen Militärparade in Peking demonstriert China seinen globalen Machtanspruch und dass es mit Russland und Nordkorea geopolitisch an einem Strang zieht“, sagte Hach. Das schließe mit ein, dass aus chinesischer Sicht eine Beendigung des Ukrainekriegs nicht um den Preis einer strategischen Niederlage Russlands erfolgen dürfe. „Diese Entwicklungen zeigen, dass Verhandlungsprozesse delikat sind und gefährdet bleiben.“

Nach Einschätzung des Konfliktforschers stehen die jüngsten Entwicklungen gleichzeitig nicht per se im Widerspruch zu einer politischen Lösung und einer Fortsetzung von Verhandlungen. „Man kann es auch so lesen: Alle beteiligten und betroffenen Akteure bemühen sich konstant, ihre Verhandlungsposition zu stärken.“ Das ist die hoffnungsvollere Lesart.

26 Länder wollen sich an Einsatz beteiligen

Die Koalition der Willigen hatte am Donnerstagvormittag vor Ort im Pariser Élysée-Palast oder über Video-schalte zusammengefunden. Insgesamt 35 Staats- und Regierungschefs berieten unter der Führung von Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron und des britischen Premiers Keir Starmer, wie die Sicherheit der Ukraine gewährleistet werden kann. Dabei ging es auch um politische und militärische Zusagen für den Fall einer erneuten russischen Aggression.

 Der ukrainische Päsident Wolodymyr Selenskyj (l.) und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron nach dem Treffen der Koalition der Willigen in Paris.

Der ukrainische Päsident Wolodymyr Selenskyj (l.) und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron nach dem Treffen der Koalition der Willigen in Paris.

Foto: AFP/LUDOVIC MARIN

Bundeskanzler Friedrich Merz war per Video dazu geschaltet. Beim deutschen Beitrag für die Sicherheitsgarantien geht es nach Angaben aus Regierungskreisen in Berlin insbesondere um eine Stärkung der ukrainischen Luftverteidigung und ihrer offensiven militärischen Fähigkeiten – auch mit weitreichenden Präzisionswaffen wie Marschflugkörpern, die in der Ukraine mit finanzieller und technologischer Unterstützung hergestellt werden könnten. Ein weiterer Punkt sieht demnach vor, der Ukraine die Ausrüstung für vier mechanisierte Infanteriebrigaden bereitzustellen, darunter auch Schützenpanzer. Über die Pläne hatte zuerst der „Spiegel“ berichtet.

Trump stimmt Sicherheitsgarantien zu

Im Anschluss des Treffens berieten mehrere Regierungschefs und Selenskyj telefonisch mit Donald Trump. Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz von Selenskyj und Macron sagte der französische Präsident, dass sich 26 Länder am Einsatz in der Ukraine beteiligen werden – sowohl an Land als auch im Wasser und in der Luft. Nur wenn die Sicherheit der Ukraine gewährleistet werden könne, wäre auch ein dauerhafter Frieden möglich. Die amerikanische Unterstützung für die Sicherheitsgarantien habe Trump zugesagt. Die Hauptsache sei, dass Druck auf Russland aufgebaut würde, sagte Selenskyj. Wie die konkreten Schritte zum Schutz der Ukraine aussehen werden, hänge noch von der Zustimmung der Amerikaner ab.

Auch eine andere Art der US-Präsenz in der Ukraine könnte nach Einschätzung des Politologen Hach Wirkung zeigen: „Die zivile und wirtschaftliche Präsenz der USA in der Ukraine durch das Rohstoffabkommen ist nicht zu unterschätzen“, sagte er. „Wenn die USA massiv in kritische Infrastruktur und Ressourcenausbeutung in der Ukraine investieren und US-Unternehmen vor Ort präsent sind, hat das auch einen Abschreckungseffekt auf Russland.“

Der Konfliktforscher sieht zudem nach wie vor eine Schlüsselrolle bei den Vereinten Nationen. Zwar sei der Sicherheitsrat wegen der unterschiedlichen Interessen der Vetomächte blockiert, also der USA, Großbritannien und Frankreich auf der einen Seite, Russland und China auf der anderen Seite. Hach weist aber zugleich darauf hin, dass es in der Generalversammlung wiederholt Resolutionen gab, die das Prinzip der Souveränität, der territorialen Integrität der Ukraine hochgehalten haben. „Gebietsansprüche Russlands wurden also zurückgewiesen.“ Das spiele bei der völkerrechtlichen Bewertung eine große Rolle: „Die Ukraine hat die internationale Staatsgemeinschaft hinter sich, wenn sie darauf beharrt, dass die Krim und der Donbass zu ihr gehören. Das stärkt die Verhandlungsposition Kiews.“

Related posts

Krieg in der Ukraine Diplomatie nach Chinas Machtdemonstration

Berlin · Das Treffen von Trump und Putin in Alaska ist schon zwei Wochen her, aber eine Zusammenkunft von Putin und Selenskyj ist noch nicht in Sicht. Gleichzeitig gab es eine Machtdemonstration in Peking. Wie geht die Suche nach einem Weg aus dem Ukraine-Krieg weiter?

Der russische Präsident Wladimir Putin, der chinesische Präsident Xi Jinping und der nordkoreanische Machthaber Kim Jong Un nahmen am Mittwoch an einer Militärparade anlässlich des 80. Jahrestages der Kapitulation Japans im Zweiten Weltkrieg teil.

Der russische Präsident Wladimir Putin, der chinesische Präsident Xi Jinping und der nordkoreanische Machthaber Kim Jong Un nahmen am Mittwoch an einer Militärparade anlässlich des 80. Jahrestages der Kapitulation Japans im Zweiten Weltkrieg teil.

Foto: AP/Ng Han Guan

Mitte August kamen US-Präsident Donald Trump und Kremlchef Wladimir Putin in Alaska zusammen, um über Wege aus dem Ukraine-Krieg zu beraten. Danach gab es ein Treffen Trumps mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und europäischen Staats- und Regierungschefs im Weißen Haus. Doch das seither erwartete Treffen von Selenskyj und Putin ist noch immer nicht in Sicht. Stattdessen gab es zuletzt in Peking eine bemerkenswerte Machtdemonstration: Chinas Staatschef Xi Jinping zeigte sich mit seinen Ehrengästen, Kremlchef Putin und Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un, bei einer riesigen Militärparade zum 80. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs.

Dagegen gab es nun am Donnerstag einen neuen Diplomatieversuch: Die sogenannte Koalition der Willigen, etwa 30 überwiegend europäische Staaten, beriet in Paris und per Videoschalte über Sicherheitsgarantien für die Ukraine im Fall eines Waffenstillstands mit Russland.

Machtdarstellung gegen Diplomatie

Was bedeuten all diese widersprüchlichen Signale? Jedenfalls nicht das Ende der Bemühungen, den Ukraine-Konflikt zu lösen. Der Frankfurter Politikwissenschaftler und Mitarbeiter am Leibniz-Institut für Friedens- und Konfliktforschung (PRIF), Sascha Hach, beobachtet auf verschiedenen Ebenen Aktivitäten auf hohem Niveau. Fast täglich gebe es Sondierungen zwischen den USA und den verschiedenen Parteien.

Und die gigantische chinesische Waffenschau? „Mit der großen Militärparade in Peking demonstriert China seinen globalen Machtanspruch und dass es mit Russland und Nordkorea geopolitisch an einem Strang zieht“, sagte Hach. Das schließe mit ein, dass aus chinesischer Sicht eine Beendigung des Ukrainekriegs nicht um den Preis einer strategischen Niederlage Russlands erfolgen dürfe. „Diese Entwicklungen zeigen, dass Verhandlungsprozesse delikat sind und gefährdet bleiben.“

Nach Einschätzung des Konfliktforschers stehen die jüngsten Entwicklungen gleichzeitig nicht per se im Widerspruch zu einer politischen Lösung und einer Fortsetzung von Verhandlungen. „Man kann es auch so lesen: Alle beteiligten und betroffenen Akteure bemühen sich konstant, ihre Verhandlungsposition zu stärken.“ Das ist die hoffnungsvollere Lesart.

26 Länder wollen sich an Einsatz beteiligen

Die Koalition der Willigen hatte am Donnerstagvormittag vor Ort im Pariser Élysée-Palast oder über Video-schalte zusammengefunden. Insgesamt 35 Staats- und Regierungschefs berieten unter der Führung von Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron und des britischen Premiers Keir Starmer, wie die Sicherheit der Ukraine gewährleistet werden kann. Dabei ging es auch um politische und militärische Zusagen für den Fall einer erneuten russischen Aggression.

 Der ukrainische Päsident Wolodymyr Selenskyj (l.) und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron nach dem Treffen der Koalition der Willigen in Paris.

Der ukrainische Päsident Wolodymyr Selenskyj (l.) und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron nach dem Treffen der Koalition der Willigen in Paris.

Foto: AFP/LUDOVIC MARIN

Bundeskanzler Friedrich Merz war per Video dazu geschaltet. Beim deutschen Beitrag für die Sicherheitsgarantien geht es nach Angaben aus Regierungskreisen in Berlin insbesondere um eine Stärkung der ukrainischen Luftverteidigung und ihrer offensiven militärischen Fähigkeiten – auch mit weitreichenden Präzisionswaffen wie Marschflugkörpern, die in der Ukraine mit finanzieller und technologischer Unterstützung hergestellt werden könnten. Ein weiterer Punkt sieht demnach vor, der Ukraine die Ausrüstung für vier mechanisierte Infanteriebrigaden bereitzustellen, darunter auch Schützenpanzer. Über die Pläne hatte zuerst der „Spiegel“ berichtet.

Trump stimmt Sicherheitsgarantien zu

Im Anschluss des Treffens berieten mehrere Regierungschefs und Selenskyj telefonisch mit Donald Trump. Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz von Selenskyj und Macron sagte der französische Präsident, dass sich 26 Länder am Einsatz in der Ukraine beteiligen werden – sowohl an Land als auch im Wasser und in der Luft. Nur wenn die Sicherheit der Ukraine gewährleistet werden könne, wäre auch ein dauerhafter Frieden möglich. Die amerikanische Unterstützung für die Sicherheitsgarantien habe Trump zugesagt. Die Hauptsache sei, dass Druck auf Russland aufgebaut würde, sagte Selenskyj. Wie die konkreten Schritte zum Schutz der Ukraine aussehen werden, hänge noch von der Zustimmung der Amerikaner ab.

Auch eine andere Art der US-Präsenz in der Ukraine könnte nach Einschätzung des Politologen Hach Wirkung zeigen: „Die zivile und wirtschaftliche Präsenz der USA in der Ukraine durch das Rohstoffabkommen ist nicht zu unterschätzen“, sagte er. „Wenn die USA massiv in kritische Infrastruktur und Ressourcenausbeutung in der Ukraine investieren und US-Unternehmen vor Ort präsent sind, hat das auch einen Abschreckungseffekt auf Russland.“

Der Konfliktforscher sieht zudem nach wie vor eine Schlüsselrolle bei den Vereinten Nationen. Zwar sei der Sicherheitsrat wegen der unterschiedlichen Interessen der Vetomächte blockiert, also der USA, Großbritannien und Frankreich auf der einen Seite, Russland und China auf der anderen Seite. Hach weist aber zugleich darauf hin, dass es in der Generalversammlung wiederholt Resolutionen gab, die das Prinzip der Souveränität, der territorialen Integrität der Ukraine hochgehalten haben. „Gebietsansprüche Russlands wurden also zurückgewiesen.“ Das spiele bei der völkerrechtlichen Bewertung eine große Rolle: „Die Ukraine hat die internationale Staatsgemeinschaft hinter sich, wenn sie darauf beharrt, dass die Krim und der Donbass zu ihr gehören. Das stärkt die Verhandlungsposition Kiews.“

Next Post

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

RECOMMENDED NEWS

FOLLOW US

BROWSE BY CATEGORIES

Welcome Back!

Login to your account below

Retrieve your password

Please enter your username or email address to reset your password.